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„Keine oder zu wenig Abwehr“: Sicherheitsexpertin rügt fehlenden Schutz gegen Drohnen in Deutschland
Aus Sicht der Politikwissenschaftlerin Franke ist die Bundesrepublik gegen Angriffe von Drohnen nicht gut genug aufgestellt. Dies gelte selbst für die kritische Infrastruktur wie Flughäfen.
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Drohnensichtungen haben im EU-Staat Dänemark in den vergangenen Tagen insbesondere am Flughafen Kopenhagen den Flugbetrieb durcheinander gebracht und Verunsicherung in anderen Nato-Staaten ausgelöst. Auch Deutschland ist nach Einschätzung der Politikwissenschaftlerin Ulrike Franke, die sich unter anderem mit der deutschen und europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik befasst, gegen solche Attacken schlecht gerüstet.
Franke kritisierte im „Spiegel“, dass es zwar vereinzelt auch bei der Polizei Systeme zum Schutz gebe, aber nicht ausreichend. „Selbst an kritischer Infrastruktur wie großen Flughäfen gibt es keine oder zu wenige Abwehrmaßnahmen“, so Franke. Im RBB-Inforadio sagte sie, zugleich brauche man sich keine Illusionen über eine Drohnenabwehr über ganz Deutschland zu machen. „Aber an den relevanten Orten ist da auf jeden Fall viel mehr möglich.“
Es muss gar nicht unbedingt in die Luft geschossen werden, um so eine Drohne runterzuholen.
Ulrike Franke, Sicherheitsexpertin
Franke ist Politikberaterin bei der Denkfabrik European Council on Foreign Relations in Paris. Ihre Doktorarbeit an der Universität Oxford schrieb sie über den Einsatz von Drohnen in westlichen Armeen.
Franke sagte weiter, notwendig seien mehrere Systeme, um gegen verschiedene Drohnen vorgehen zu können. Als Beispiele nannte Franke im „Spiegel“ Störsender, Abfangdrohnen, Laser oder Mikrowellenwaffen. „Es gibt nicht das eine System, das man zum Schutz kritischer Infrastruktur kauft und damit alle Herausforderungen bewältigt“, sagte Franke.
Dem RBB sagte sie, es gebe auch Drohnen, die Drohnen abfangen, zum Beispiel mit Netzen: „Es muss gar nicht unbedingt in die Luft geschossen werden, um so eine Drohne runterzuholen.“

© Imago/Oryk Haist
Eine Drohne abzuschießen, könne in der Tat mehr Schaden anrichten, als sie fliegen zu lassen, sagte die 38-Jährige dem „Spiegel“. „Deswegen ist Abschießen nicht das Mittel erster Wahl im zivilen Bereich, elektronische Abfangmaßnahmen sind vorzuziehen. Aber je nachdem als wie groß die Gefahr, die von der Drohne ausgeht, angesehen wird, kann es trotzdem Sinn ergeben, sie abzuschießen.“
Franke vermutet, dass Störungen durch Drohnen für Flughafenbetreiber bislang nicht ökonomisch relevant genug waren, um in Abwehrsysteme zu investieren. „Das finde ich am erstaunlichsten, weil Drohnen an Flughäfen katastrophale Auswirkungen haben können, im schlimmsten Fall bringen sie einen Jet zum Absturz“, sagte sie dem „Spiegel“.
Franke fordert Schutz von Flughäfen und Kraftwerken
Vor diesem Hintergrund müsse man auch die Überflüge über den dänischen Flughäfen sehr kritisch sehen. Franke sagte dazu: „Wenn das Russland war, nimmt es Unfälle mit vielen Toten in Kauf.“
Es sei unwahrscheinlich, dass ein neugieriger Hobbypilot dahinterstecke, erklärte Franke. „Wir hatten in der Vergangenheit ähnliche Vorfälle über deutscher kritischer Infrastruktur. Hier wird vermutet, dass die Drohnen von Schiffen in der Nord- oder Ostsee gestartet wurden. Das deutet darauf hin, dass ein staatlicher Akteur dahintersteckt – und es liegt nahe, dabei an Russland zu denken.“
Deutschland müsse sich klarmachen, dass es nicht mehr im Frieden lebe, so Franke. „Es gibt Akteure, die mit Drohnenüberflügen unser Sicherheitsgefühl beeinflussen wollen und zu Sabotage und Angriffen auf kritische Infrastruktur fähig sind. Wir müssen mindestens unsere Flughäfen mit einer Drohnenabwehr ausstatten. Auch bei Kraftwerken wäre ein Schutz sinnvoll.“ (lem)
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