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Nachhilfe für die Freiwilligen. In der nordost-libyschen Stadt Benghazi unterrichten rebellierende Offiziere Zivilisten im Umgang mit einer Kalaschnikow. Foto: Suhaib Salem/rtr
© REUTERS

Politik: Keine Waffen, kein Geld

Die UN-Beschlüsse sollen Libyens Regime aushungern / Italiener und Chinesen verlassen das Land

New York/Tripolis - In seltener Einmütigkeit hat sich der UN-Sicherheitsrat auf umfassende Sanktionen gegen Libyens Machthaber Muammar el Gaddafi und einige seiner Gefolgsleute geeinigt. Die Resolution 1970 wurde am Samstagabend (Ortszeit) einstimmig in New York verabschiedet. Sie sieht eine Reihe von Strafmaßnahmen gegen Gaddafi und seine Getreuen vor und spart auch nicht mit deutlicher Kritik am gewaltsamen Vorgehen der libyschen Führung gegen Regierungskritiker und andere Zivilisten. Allerdings konnte sich das Gremium erst auf die Strafmaßnahmen einigen, nachdem nach UN-Schätzungen schon mehr als 1000 Menschen ihr Leben verloren hatten.

VERURTEILUNG DER GEWALT: Die Resolution verurteilt „die umfassende und systematische Verletzung von Menschenrechten“ in Libyen, wozu auch die Niederschlagung friedlicher Demonstrationen zähle. Außerdem prangert sie „die Anstiftung zu Feindseligkeit und Gewalt gegen die die Zivilbevölkerung durch die höchste Ebene der libyschen Regierung“ an. Die Gewalt müsse sofort beendet werden. Außerdem müsse die Führung Lieferungen von Hilfsgütern und den Einsatz internationaler Beobachter zur Wahrung der Menschenrechte zulassen und die Sicherheit von Ausländern sicherstellen.

JURISTISCHE KONSEQUENZEN: Der UN- Sicherheitsrat betont die Notwendigkeit, „diejenigen zur Verantwortung zu ziehen, die verantwortlich für die Angriffe (...) auf Zivilisten“ seien. Dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) wird aufgetragen, die Gewalttaten in Libyen zu prüfen, weil „die derzeit stattfindenden weit verbreiteten und systematischen Angriffe“ gegen die Zivilbevölkerung „Verbrechen gegen die Menschlichkeit gleichkommen“ könnten. Der Sicherheitsrat hatte zuvor nur Sudan wegen der Gewalt in Darfur an den Gerichtshof überwiesen. Dessen Chefankläger muss nun prüfen, ob sich der Verdacht von Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen durch das Gaddafi-Regime erhärten lässt. Falls die Beweislast ausreicht, wird ein internationaler Haftbefehl gegen Gaddafi und seine Schergen ausgestellt. Im Sicherheitsrat drängten vor allem Deutschland, Großbritannien und Frankreich auf eine juristische Verfolgung der Gräuel. Die Anrufung des Strafgerichtshofes stieß zunächst auf Skepsis – vor allem der Vetomacht China.

WAFFENEMBARGO: Alle UN-Staaten müssen den Verkauf und den Transfer von Waffen und Munition nach Libyen unterbinden. Das Embargo betrifft auch andere militärische Ausrüstung und jegliche Unterstützung für Libyens Militär oder den Einsatz von Waffengewalt durch andere Akteure, etwa durch finanzielle Zuwendungen oder Schulungen.

REISEVERBOTE, KONTEN: Von beiden Strafmaßnahmen zugleich betroffen sind Gaddafi selbst, seine Tochter und vier seiner Söhne. Für weitere Söhne Gaddafis gilt nur das Reiseverbot, das insgesamt 16 Libyer betrifft. Zu den gebannten Söhnen Gaddafis gehört auch Saif al Islam. Er galt lange Zeit als Hoffnungsträger für Reformen in Libyen, entpuppte sich während des Volksaufstandes aber als treuer Gefolgsmann seines gewaltbereiten Vaters. Reiseverbote betreffen auch Gaddafis persönlichen Sicherheitschef Abdulkader Dibri, den Chef für äußere Sicherheit, Sajed Umar Dorda und Gaddafis Verteidigungsminister Abu Bakr Dschabir. Die Sanktionen gegen Guthaben betreffen alle „Finanzguthaben und wirtschaftlichen Ressourcen“ außerhalb Libyens.

WEITERE MAßNAHMEN: Der UN-Sicherheitsrat schließt in der Resolution weitere Strafmaßnahmen gegen Libyen nicht aus. Das Gremium werde bei Bedarf eine „Verschärfung, Veränderung, Aussetzung oder Aufhebung“ der Sanktionen prüfen, heißt es in dem Text.

Die EU hat ihrerseits am Sonntag beschlossen, mit eigenen Sanktionen gegen Libyens bisherige Führung nachzuziehen. Die Außenbeauftragte Catherine Ashton sagte, die Vorbereitungen kämen gut voran. Anfang der Woche sollen alle 27 Regierungen darüber beschließen, ebenfalls libysche Konten zu sperren, Mitgliedern des Gaddafi-Clans die Einreise nach Europa zu verweigern und Waffenlieferungen zu unterbinden.

Die Flucht von Ausländern aus Libyen hielt auch am Wochenende an. Nach Angaben des Außenministeriums in Rom haben bisher 1400 Italiener das Land verlassen, nur einige Dutzend seien geblieben. Auch zehntausende asiatische Arbeiter wollen in ihre Heimatländer zurückkehren. Peking hat nach eigenen Angaben bisher 16 000 chinesische Staatsbürger zurückgeholt. dpa/AFP/jdh

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