Politik: Kirchenkampf um die Moscheen
Muslime fordern ihre staatsrechtliche Anerkennung
Berlin - Am Anfang war viel Zustimmung. Als die vier größeren islamischen Verbände am Dienstagabend die Gründung eines gemeinsamen Dachverbands bekanntgaben, applaudierten Politiker und auch Kirchenvertreter. Schließlich hatte die Politik hatte einen Ansprechpartner gefordert und die Zweifel wuchsen, ob die kulturell sehr verschiedenen Verbände zusammenfinden würden. Inzwischen geht es immer mehr ums Kleingedruckte: Was bringt dieser „Koordinationsrat der Muslime in Deutschland“ (KRM) juristisch? Bekommen die Muslime jetzt die Rechte einer Religionsgemeinschaft wie die Kirchen, können sie jetzt in allen Bundesländern den Religionsunterricht gestalten, wie das Grundgesetzes vorschreibt? Da gehen die Meinungen weit auseinander.
Die Verbände selbst – die türkisch-islamische Ditib, der Zentralrat der Muslime, der Islamrat und der Verband der Islamischen Kulturzentren VIKZ – sehen die eigenen Hausaufgaben erledigt. Jetzt sei die Politik an der Reihe, sprich: Bund und vor allem Länder müssten ihnen den Status der Religionsgemeinschaft jetzt auch in der Praxis zugestehen.
Doch die Politik zögert: Im laizistischen Frankreich wäre der neue Zusammenschluss ausreichend, sagt zum Beispiel Nordrhein-Westfalens Integrationsminister Armin Laschet (CDU). Hierzulande nicht: „Für etwas in Deutschland so Kompliziertes wie den Religionsunterricht genügt diese Organisationsform nicht.“ Dafür müssten die Muslime eine Körperschaft öffentlichen Rechts (KöR) werden mit einer „mitgliedschaftlichen Verfasstheit“: „Es müsste zum Beispiel der Eintritt und der Austritt aus dieser Körperschaft möglich sein.“
„Eindeutig falsch“, sagt Mounir Azzaoui, Gründungsmitglied der „Grünen Muslime“, des Muslimarbeitskreises der Grünen, und Nordrhein-Westfale wie Laschet. Das Kriterium der Religionsgemeinschaft genüge laut Grundgesetz vollkommen, von der KöR sei im Artikel 7 keine Rede. Azzaoui verweist wie Bekir Alboga von der Ditib auf die spezielle, sehr lockere Organisation der Gläubigen im Islam: Nur wenige sind förmlich Mitglieder in Moscheegemeinden, sie sind es aber praktisch, weil sie am Freitagsgebet teilnehmen und regelmäßig an ihre Gemeinden spenden. In einer Studie der Ruhr-Universität Bochum sei festgestellt worden, dass sich 50 Prozent der dort lebenden Muslime an eine Moschee gebunden fühlen. Azzaoui: „Wenn man den Islam politisch nicht gleichstellen will, soll man das offen sagen und nicht juristische Gründe vorschieben.“
Die Muslime arbeiten unterdessen selbst an der Weiterentwicklung ihres Dachverbands. Nach der Geschäftsordnung soll es demnächst auch eine verbindliche Satzung für den KRM geben. Aiman Mazyek, der Generalsekretär des Zentralrats der Muslime, schätzt, dass das Ende des Jahres geschafft sein wird.
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