Mindestlohn-Debatte: Koalition nähert sich einer Einigung
Im Streit um das Vorgehen gegen Dumpinglöhne will die SPD Sozialdemokraten streben weiterhin die Einführung von Mindestlöhnen in bestimmten Branchen an. Die Union lehnt Mindestlöhne ab, kann sich aber ein Kombilohnmodell "mit einer Lohnschranke" vorstellen.
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Berlin - Im Streit um das Vorgehen gegen Dumpinglöhne nähern sich Union und SPD an. Die Sozialdemokraten streben weiterhin die Einführung von Mindestlöhnen in bestimmten Branchen an. Die Union lehnt Mindestlöhne ab, kann sich aber ein Kombilohnmodell "mit einer Lohnschranke" vorstellen.
Bundesarbeitsminister Franz Müntefering (SPD) kündigte an, er bereite die Einführung von Mindestlöhnen "in zehn Branchen vor - darunter im Friseurgewerbe, bei den Bewachungsdiensten und in der Zeitarbeit. Das betrifft immerhin 4,4 Millionen Beschäftigte". In Frage kommen darüber hinaus der Einzelhandel, die Land- und Forstwirtschaft, die Fleischverarbeitende Industrie, die Postdienste, das Hotel- und Gaststättengewerbe sowie die Entsorgungswirtschaft. Müntefering räumte ein, die Einführung von Mindestlöhnen könne in Einzelfällen zu höheren Preise für Dienstleistungen führen.
Derzeit gilt das Entsendegesetz nur für die Baubranche. Für das Gebäudereinigerhandwerk soll der Bundestag am Freitag die Änderung des Regelwerks beschließen. Das war so im Koalitionsvertrag vereinbart. Über das Gesetz können die tariflichen Mindestlöhne per Rechtsverordnung dann für allgemeinverbindlich erklärt werden.
SPD-Fraktionsgeschäftsführer Olaf Scholz verwies darauf, dass "fast alle" Länder der Europäischen Union bereits gesetzliche Mindestlöhne hätten.
Unions-Fraktionschef Volker Kauder signalisierte derweil Entgegenkommen und sprach sich für ein Kombilohnmodell "mit einer Lohnschranke" aus, "damit die Löhne nicht immer weiter nach unten gehen und die Sozialleistungen immer mehr drauflegen müssen." Die Einführung eines flächendeckenden Mindestlohns lehnte er jedoch ab. "Das wird es mit uns nicht geben", betonte er. Unions-Arbeitsmarktexperte Ralf Brauksiepe (CDU) räumte ein, für anständige Arbeit müsse ein anständiger Lohn bezahlt werden.
Der Koalitionsausschuss hatte sich am Montagabend auf eine Acht-Punkte-Erklärung zum Niedriglohnsektor verständigt. Danach soll bei Kombilöhnen mit einer "Lohnanteilsschranke" verhindert werden, dass die Unternehmen den Lohnanteil herunterschrauben, um mehr Förderung zu erhalten. Gesetzlich fixiert werden soll zugleich die Sittenwidrigkeit von Löhnen. Geprüft werde auch, ob durch die EU-Dienstleistungsrichtlinie oder die Arbeitnehmer-Freizügigkeit in der EU zusätzlicher Handlungsbedarf besteht.
Einen gemeinsamen Antrag gegen die ungleiche Bezahlung von Männern und Frauen am Arbeitsplatz haben Union und SPD im Bundestag anlässlich des Weltfrauentags am Donnerstag eingebracht. Die Vorsitzende der Gruppe der Frauen in der Unions-Bundestagsfraktion, Ursula Heinen, kritisierte, die Lohnschere habe sich in Deutschland in den vergangenen Jahren vergrößert und sei von 1995 bis 2003 von 21 auf 23 Prozent zugunsten der Männer gestiegen.
Linkspartei-Vize Katja Kipping betonte, gerade Frauen würden von der Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns profitieren. So arbeite fast jede dritte vollzeitbeschäftigte Frau in Deutschland zu Niedriglöhnen. (tso/ddp)
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