Politik: Köhler will in Tschechien für Europa werben
Bundespräsident Horst Köhler steht bei seinem Besuch in Tschechien eine heikle Mission bevor. Am Mittwoch will er im böhmischen Teplice mit seinem tschechischen Amtskollegen Vaclav Klaus über die Zusammenarbeit in der Europäischen Union (EU) sprechen.
Stand:
Bundespräsident Horst Köhler steht bei seinem Besuch in Tschechien eine heikle Mission bevor. Am Mittwoch will er im böhmischen Teplice mit seinem tschechischen Amtskollegen Vaclav Klaus über die Zusammenarbeit in der Europäischen Union (EU) sprechen. Heikel ist das auf gut vier Stunden angesetzte Treffen vor allem deshalb, weil das Thema EU nicht auf der offiziellen Tagesordnung steht und weil Vaclav Klaus als traditioneller EU-Nörgler gilt.
Im tschechischen Abgeordnetenhaus ist das Lager der Euroskeptiker seit jeher stark vertreten. Vor allem die führenden Politiker der bürgerlich-demokratischen Partei (ODS) von Premierminister Mirek Topolanek und Staatspräsident Klaus machen aus ihrer Kritik an Brüssel kein Hehl. Sie wenden sich insbesondere gegen die zunehmende Zentralisierung und den befürchteten Autonomieverlust der staatlichen Regierungen. Den europäischen Verfassungsvertrag in seiner derzeitigen Form lehnt die ODS deshalb strikt ab. Präsident Vaclav Klaus hat in der Vergangenheit mehrfach davon gesprochen, dass er die Europäische Union als reine Organisation begreife und nicht etwa als eine „Idee“. Bis heute weigert er sich, an seinem Amtssitz auf der Prager Burg die europäische Flagge zu hissen.
Tschechische Medien spekulieren deshalb im Vorfeld des Köhler-Besuchs bereits über eine deutsche Charmeoffensive. Erst im Januar hat Bundeskanzlerin Angela Merkel als amtierende EU-Ratspräsidentin in Prag für eine Fortsetzung des europäischen Verfassungsprozesses geworben. Bei den Feierlichkeiten zum 50-jährigen Jubiläum der Römischen Verträge am Wochenende in Berlin suchte Angela Merkel demonstrativ die Nähe des tschechischen Präsidenten, der beim offiziellen Fototermin direkt neben der Kanzlerin stand – kein Zufall, vermuten die Prager Zeitungen.
Hinter den Kulissen bereitet die tschechische Regierung derzeit ihre Strategie für die EU-Ratspräsidentschaft vor, die das Land erstmals 2009 übernehmen wird. Nach derzeitiger Planung soll dann ausgerechnet in Prag der europäische Vertrag unterzeichnet werden, der als Nachfolgelösung für die gescheiterte Verfassung gilt. Mit der engeren Einbindung der Tschechen wollen die EU-Diplomaten den Euroskeptikern den Wind aus den Segeln nehmen. Wenn es bei den stockenden Verhandlungen nämlich zu einem Durchbruch kommt, könnten die Tschechen das als ihren Erfolg verbuchen.
Vor dem Köhler-Besuch allerdings bemüht sich Prag darum, die Erwartungen zu dämpfen. „Wir haben immer gesagt, dass es am besten wäre, die Arbeit an einem neuen europäischen Vertrag noch einmal von null zu beginnen“, sagte Alexandr Vondra, der in der Regierung für Europafragen zuständig ist, der Wirtschaftszeitung „Hospodarské Noviny“. Einen raschen Durchbruch erwarte er nicht.
Kilian Kirchgeßner[Prag]
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: