zum Hauptinhalt
Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer besucht am 24. Juli 2019 Truppen der Bundeswehr in Celle.

© REUTERS/Fabian Bimmer

Bundeswehr im Umbau: Kramp-Karrenbauer dringt auf schnellere Einsatzfähigkeit der Truppe

Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer will die Bundeswehr bei der Verteidigung besser aufstellen. Sie dringt auch auf eine bessere Finanzierung.

Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) will die deutsche Armee schneller machen. „Die Bundeswehr muss in der Lage sein, ohne lange Vorlaufzeiten auf eine Konflikteskalation zu reagieren“, heißt es in einem Eckpunktepapier zur Reform der Bundeswehr, das am Mittwoch vom Bundesverteidigungsministerium veröffentlicht wurde. „Die Faktoren Zeit und Geschwindigkeit gewinnen im Lichte sicherheitspolitischer Entwicklungen und technologischer Fortschritte enorm an Bedeutung.“

Bei der Vorstellung eines umfangreichen Reformplanes am Dienstag in Berlin sagte sie, im Zentrum stehe die konsequente Ausrichtung an der Landes- und Bündnisverteidigung. Kritik am Zeitpunkt – wenige Monate vor der Wahl – wies sie zurück. Im Gegenteil müsse ein Ministerium über Wahltermine hinaus planen.

Vielfach höre sie den Wunsch: „Es ist jetzt die Zeit, und wir müssen die Weichen jetzt stellen.“ Bei der Vorstellung des Reformplanes saßen die Inspekteure der Bundeswehr und Generalinspekteur Eberhard Zorn als ranghöchster Soldat neben der Ministerin.

Die Weichen für ein nationales Führungskommando der Bundeswehr will die Ministerin schon von April 2022 an stellen. Dieses solle von Berlin und Bonn aus Einsätze von der Amtshilfe und Unterstützung bei Katastrophen bis hin zur Landesverteidigung steuern, heißt es in dem Papier.

„Der künftige Befehlshaber des Territorialen Führungskommandos ist zugleich Nationaler Territorialer Befehlshaber. Das Territoriale Führungskommando nimmt territoriale Aufgaben im Inland, inklusive Hilfe bei Naturkatastrophen, nationalen Notlagen und besonders schweren Unglücksfällen, wahr“, heißt es weiter. „Es koordiniert den Aufmarsch der Streitkräfte im Rahmen von Nato- und EU-Operationen und verantwortet den Heimatschutz und die Nationale Territoriale Verteidigung.“

Weniger Führungsstäbe und mehr Truppe

Das Papier zielt darauf ab, eine „Kopflastigkeit“ der Streitkräfte und ihrer umfangreichen Stäbe zu verringern und die Einsatzfähigkeit zu erhöhen. Die Streitkräfte sollen auf vier „Dimensionen“ - Heer, Luftwaffe, Marine und Cybertruppe – hin organisiert werden. Das Sanitätswesen wäre kein eigenständiger „Organisationsbereich“ mehr, aber mit Kommando Gesundheitsversorgung in Koblenz und einem Generalarzt der Bundeswehr im Verteidigungsministerium vertreten.

[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Sogenannte „Kräfte der ersten Stunde“ müssten „insbesondere an den Außengrenzen des Bündnisses“ – also der Nato – schnell eingesetzt werden können, heißt es weiter in dem Papier. Nötig seien „eine Kaltstartfähigkeit, eine hohe Reaktionsfähigkeit sowie Durchsetzungsfähigkeit“ gegen gegnerische Waffensysteme. „Eine hohe Einsatzbereitschaft bereits in Friedenszeiten ist unabdingbar.“

„Dies erfordert möglichst eingespielte Verbände aus Kampfeinheiten und Unterstützungskräften, die so gegliedert, ausgebildet und materiell ausgestattet sind, dass sie schnell eingesetzt werden können“, heißt es weiter. „Unsere Streitkräfte müssen in der Lage sein, der politischen Führung flexible militärische Optionen zur Verfügung zu stellen und lageangepasst in allen Dimensionen handlungsfähige Kräfte und Fähigkeiten bereitzustellen.“

Für diese Ziele müsse die Bundeswehr auch organisatorisch verändert werden, schlussfolgert Kramp-Karrenbauer. Erforderlich sei „eine stärkere Ausrichtung nach Dimensionsverantwortung sowie ein koordiniertes Wirken zwischen den Dimensionen“. Diese betreffe die Führungsorganisation, die Struktur und die Operationsführung. „Das leitende Prinzip lautet daher: 'Organisiere dich, wie du kämpfst'.“

Truppenkontingenten für internationales Krisenmanagement

Dem Papier mit dem Titel „Eckpunkte für die Bundeswehr der Zukunft“ zufolge muss sich die Armee auch darauf einstellen, „über längere Zeiträume mit Truppenkontingenten zum Internationalen Krisenmanagement“ beizutragen. Sie werde „einen Beitrag zur raschen Reaktionsfähigkeit bei internationalen Krisen“ leisten müssen, insbesondere im Rahmen von Nato, EU und Vereinten Nationen. Dabei müsse die Bundeswehr auch zur Führung solcher Verbände fähig sein.

[Mehr zum Thema: Rehabilitierung queerer Soldat*innen – „Ich war die erste Frau auf Kampfflugzeugen“]

Ausdrücklich betonen Kramp-Karrenbauer und der Generalinspekteur der Bundeswehr, Eberhard Zorn, in der Einleitung zu dem Papier allerdings, die Vorschläge seien „bewusst keine 'große Bundeswehrreform'“. „Umbauten solch disruptiven Zuschnitts sind mit Blick auf die kommenden vier bis fünf Jahre nicht erforderlich“, urteilen sie. Auch zusätzliches Personal sei für die vorgeschlagene Reform nicht nötig.

Kramp-Karrenbauer dringt auf bessere Finanzierung

Jedoch dringt Kramp-Karrenbauer auf eine längerfristige und bessere Finanzierung für die Truppe. Wünschenswert sei „ein Bundeswehrplanungsgesetz, das einen parlamentarisch beschlossenen und damit verbindlicheren langfristigen Planungsrahmen als die bestehenden Finanzpläne der Bundesregierung bietet“.

Ein solches Gesetz „würde den Rahmen für einen langfristigen und garantierten Anstieg des Verteidigungshaushalts setzen, der Bundeswehr Planungssicherheit bieten und Investitionen in Zukunftstechnologien erlauben“.

Die Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen soll dem Papier zufolge „nach Abschluss der entsprechenden Untersuchungen so schnell wie möglich begonnen“ werden. Der „aufgezeigte Untersuchungs- und Prüfbedarf zur weiteren Ausgestaltung wird unmittelbar angegangen, damit die erforderlichen Folgeentscheidungen zu Beginn der kommenden Legislaturperiode getroffen werden können“. Der Abschluss der Reform ist demnach für das Jahr 2025 vorgesehen.

Zuletzt standen die Bundeswehr und Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer wegen der Munitionsaffäre beim Kommando Spezialkräfte (KSK) in der Kritik. Im Frühjahr 2020 war es nach Angaben des Verteidigungsministeriums zu einer Sammelaktion von Munition am KSK-Standort in Calw in Baden-Württemberg gekommen. Soldaten konnten demnach straffrei Munition zurückgeben, die zuvor nach Schießübungen nicht abgegeben oder auch entwendet worden war. (Tsp mit dpa, AFP)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false