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Politik: Künast muss kämpfen

Auch ein Teil der Realos bei den Grünen spielt mit dem Gedanken, nur Jürgen Trittin die Spitzenkandidatur 2013 zu überlassen Bei einer Realo-Klausur gab es keine Abrechnung – aber auch nicht viel Applaus.

Berlin - Zur großen Abrechnung mit der Grünen-Frontfrau Renate Künast kam es nicht – und doch verlief die Klausur der grünen Realos vermutlich nicht nach Künasts Geschmack. Als die Chefin der Grünen-Bundestagsfraktion am Samstag vor rund 150 Realpolitikern aus Bund und Ländern ihre strategischen Überlegungen zum Kurs der Partei vortrug, rührte sich nach Angaben von Teilnehmern im Anschluss kaum eine Hand zum Applaus.

Zu groß ist der Ärger, der sich in den vergangenen Monaten im Reformerflügel über Künast angestaut hat. Ihre Kritiker werfen ihr vor, dass die Spitzenkandidatin bei der Berlin-Wahl nach dem für die Grünen enttäuschenden Ergebnis zu wenige eigene Fehler eingeräumt habe. Viele nehmen ihr außerdem übel, dass sie nach der Wahl überraschend verlangt hatte, man solle „die Option Schwarz-Grün zumachen“ – und sich damit vom bis dahin beschworenen „Kurs der Eigenständigkeit“ verabschiedete, den 2009 ein Grünen-Parteitag mit großer Mehrheit beschlossen hatte. Bei einer Sitzung des Parteirats in Dresden vor zwei Wochen hatte Künast nach Angaben von Teilnehmern ihrem Kofraktionschef Jürgen Trittin zugestimmt, der einen Abschied von der Parole der „Eigenständigkeit“ verlangte. Deren Verfechter zielten doch in Wahrheit nur auf Schwarz-Grün.

Eine Botschaft, welche die Reformer bei ihrem Treffen entschieden zurückwiesen. „Wir kämpfen auch für Rot-Grün. Aber wenn wir das erreichen wollen, müssen wir die Differenzen zur SPD deutlich machen“, sagte die Realo-Koordinatorin und Bundestagsabgeordnete Brigitte Pothmer. Damit die Grünen auch im bürgerlichen Lager Stimmen gewinnen könnten, müssten sie auf ihre Eigenständigkeit und vor allem auf Inhalte setzen. Das heiße nicht, dass der Reformerflügel heimlich für Schwarz-Grün kämpfe. „Für 2013 können wir uns das eigentlich nicht vorstellen“, sagte Pothmer.

Dass auch Künast am Samstag wieder die Eigenständigkeit der Grünen verteidigte, registrierten die Anwesenden zwar. Doch den Machtverlust der bisher wichtigsten Realo-Frau kann das nicht stoppen. Konkrete Personendebatten wurden bei der Strategieklausur bewusst ausgespart, aber indirekt dann doch geführt. So habe es Zustimmung für die Forderung gegeben, in den Wahlkampf 2013 nicht mit einem großen Team wie bei der letzten Bundestagswahl zu ziehen, sondern womöglich nur mit einer Person, berichten Teilnehmer. Aufgabe der Realos müsse es sein, die wichtigen Wahlkampfinhalte zu prägen. Einer der anwesenden Grünen-Politiker habe sich sogar explizit dafür ausgesprochen, dass man mit einem Spitzenkandidaten Jürgen Trittin ins Rennen gehen solle. Daraufhin habe nur eine von Künasts Anhängerinnen aus der Bundestagsfraktion widersprochen: Den Grünen würde es schaden, wenn sie allein den linken Flügelmann Trittin und nicht auch Künast aufstellten.

Parteichef Cem Özdemir wies Verdächtigungen aus der Pareti zurück, er wolle mit seiner Forderung, „nicht ideologisch fixiert“ an Koalitionen heranzugehen, den Boden für eine schwarz-grüne Bundesregierung bereiten. Es gehe ihm selbstverständlich um eine Ablösung der Regierung unter Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), nicht um eine Ergänzung durch die Grünen. Machtfragen müssten die Grünen nach Inhalten entscheiden. Özdemir jedenfalls dürfte die Debatte um die Spitzenkandidatur eher gelassen verfolgen. Anders als für Künast wird es für den 46-Jährigen 2013 wohl nicht die letzte Gelegenheit sein, eine zentrale Rolle im Wahlkampf zu spielen.

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