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Usbekistan: Lage in Usbekistan bleibt angespannt

Nach der Niederschlagung von Unruhen im Osten von Usbekistan mit hunderten Toten befürchtet die Opposition weitere schwere Ausbrüche von Gewalt in der zentralasiatischen Republik. Die Opposition spricht von mindestens 745 Toten.

Taschkent/Moskau/Washington (17.05.2005, 16:34 Uhr) - Zuerst würden die Angehörigen ihre Toten beerdigen, sagte die Politikerin Nigara Chidojatola am Dienstag in der Hauptstadt Taschkent. Danach werde es zu neuen Aufständen im Fergana-Tal kommen. Im Grenzgebiet zu Kirgisistan setzten Aufständische nach Berichten regionaler Agenturen ihren Widerstand gegen die Staatsmacht fort.

Nach Angaben der Opposition sind bei den Militäreinsätzen in Andischan sowie dem benachbarten Ort Pachtaabad insgesamt mindestens 745 Menschen getötet worden. Die usbekische Generalstaatsanwaltschaft sprach von 169 Toten bei dem Militäreinsatz in Andischan in der Vorwoche. Usbekische Agenturen meldeten am Dienstag weitere Schießereien aus dem Grenzgebiet zu Kirgisistan, wo sich tausende Flüchtlinge aufhielten. In der Stadt Karassuw seien Polizeistationen und Verwaltungsgebäude in Brand gesteckt worden.

Die Oppositionspolitikerin Chidojatola bezifferte die Totenzahl in Andischan auf 542 und in dem Nachbarort Pachtaabad auf 203. Mitarbeiter ihrer Partei Osod Dechkonlar (Freie Bauern) seien in den betroffenen Orten von Haus zu Haus gegangen und hätten die Opferzahlen der einzelnen Familien notiert.

Ein Behördensprecher im Konfliktgebiet Fergana dementierte die Berichte über blutige Unruhen zu Wochenbeginn in Pachtaabad. Nachdem das Militär Journalisten zum Verlassen der Region gezwungen hatte, blieb die Nachrichtenlage im Konfliktgebiet unübersichtlich.

Präsident Islam Karimow hatte am Samstag extremistische Gruppierungen für das Blutbad von Andischan verantwortlich gemacht. Beobachter hingegen sehen den Auslöser der Proteste in den miserablen Lebensbedingungen im dicht besiedelten Fergana-Tal. Dort verzeichnen islamistische Organisationen unter der Bevölkerung großen Zulauf.

Die US-Regierung zeigte sich «tief beunruhigt» über das gewaltsame Vorgehen usbekischer Regierungstruppen gegen unbewaffnete Demonstranten. Man habe die usbekische Führung zur Zurückhaltung aufgerufen, sagte US-Außenamtssprecher Richard Boucher am Montag (Ortszeit) in Washington. Die USA und auch Deutschland haben in Usbekistan Soldaten stationiert, die die Truppen im benachbarten Afghanistan versorgen.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International forderte eine unabhängige Untersuchung der Unruhen. Die Regierung in Taschkent müsse eine Untersuchung von außen rasch zulassen, deren Ergebnisse veröffentlichen und die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen, verlangte die Organisation am Dienstag in London. Eine Sprecherin des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR mahnte an, die Grenzen nach Kirgisien für Flüchtlinge offen zu lassen. (tso)

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