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Im Landgericht Chemnitz sind am Freitag drei Männer wegen Totschlags zu hohen Haftstrafen verurteilt worden.

© Peter Endig/picture alliance/dpa

Landgericht Chemnitz: Tötung eines Homosexuellen wird nicht als Mord gewertet

Drei Rechte töteten 2018 im sächsischen Aue einen schwulen Mann. Das Gericht blieb unter der geforderten Strafe der Staatsanwaltschaft.

Mehr als ein Jahr nach dem Tod eines homosexuellen Mannes in Aue sind die drei Angeklagten zu Haftstrafen zwischen elf und 14 Jahren verurteilt worden. Das Landgericht Chemnitz sah es am Freitag als erwiesen an, dass die drei Männer im Alter von 22 bis 27 Jahren ihr Opfer in menschenverachtender Weise getötet hatten. Als Gruppe hätten sie eine Dynamik entwickelt und seien bei ihrer Tat hemmungslos vorgegangen, sagte die Vorsitzende Richterin, Simone Herberger. Die Verurteilung erfolge wegen Totschlags.

Das Gericht blieb damit unter den Forderungen der Staatsanwaltschaft. Diese hatte dem Rädelsführer Terence H. Mord vorgeworfen und lebenslange Haft gefordert. Staatsanwalt Stephan Butzkies begründete dies mit der Heimtücke der Tat. Für die beiden anderen setzte er Freiheitsstrafen von zwölf Jahren und sechs Monaten sowie 13 Jahren und sechs Monaten an. Ihnen warf er Totschlag vor.

Der 27-jährige Christopher W. starb im April 2018 nach rund 20 Minuten Martyrium. Das Opfer erlitt laut Rechtsmedizinern schwerste Gesichts- und Kopfverletzungen, die Aufzählung der Verletzungen durch die Rechtsmediziner füllt mehrere Seiten. Der Prozess hatte acht Monate nach der Tat vor dem Landgericht Chemnitz begonnen.

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„Für uns ist an dem Urteil trotz der hohen Haftstrafen unerklärlich, dass das Gericht die Möglichkeit der Homophobie als niederen Beweggrund für die Tat überhaupt nicht berücksichtigt hat und dass daher die Täter wegen Totschlags und nicht wegen Mordes verurteilt wurden “, sagt Andrea Hübler, Fachreferentin der Opferberatung bei der RAA Sachsen. Sie hat die Urteilsbegründung am Freitag in Chemnitz verfolgt und sieht ein „klares homophobes Tatmotiv“.

Die Polizei meldete den Fall als rechts motiviert

Nach Ansicht von Hübler teilen die Angeklagten außerdem eine rechte Gesinnung, ohne organisierte Nazis zu sein. Das belegten die Zeugenaussagen im Prozess. So hätten die drei Männer Musik rechtsextremer Bands gehört und einer von ihnen habe ein Hakenkreuz auf der Brust tätowiert. Die Tat sei extrem brutal gewesen, „ein Exzess“. Auch die sächsische Polizei hatte den Fall als „rechts motiviertes Tötungsdelikt“ gemeldet. Der Tagesspiegel nennt Christopher W. in seiner Langzeitrecherche zu Todesopfern rechter Gewalt als eindeutigen Fall.

Zwar sei rechtsextremes Gedankengut bei den Männern vorhanden, sagte Staatsanwalt Butzkies nach der Urteilsverkündung. Die Tat sei aber davon zu unterscheiden: Nicht jeder, der rechts ist, werde im Zuge einer Straftat von dieser Einstellung getrieben. (mit epd)

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