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Politisch und privat eng verbunden. Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine am Samstag auf dem Parteitag der Saar-Linken in Saarbrücken.

© dapd

Lafontaine und Wagenknecht: Liebe zum Aufstieg

Es ist eine Privatangelegenheit, aber aus der Beziehung von Oskar Lafontaine und Sahra Wagenknecht kann sich politisch eine Menge entwickeln.

Von Matthias Meisner

Berlin - Oskar Lafontaine, 68, ehemaliger Vorsitzender der Linkspartei, und seine Genossin, die Vorzeige-Kommunistin Sahra Wagenknecht, 42, sind ein Paar. Lafontaines Bekanntmachung auf dem Parteitag der Saar-Linken, er sei „seit einiger Zeit“ mit Sahra Wagenknecht „eng befreundet“, führt zu anderen Fragen: Verzichtet Lafontaine auf die ihm angetragene Spitzenkandidatur bei der Bundestagswahl 2013 zusammen mit Gregor Gysi? Kann Wagenknecht nun nicht mehr Parteichefin werden, wenn im Juni kommenden Jahres auf einem Parteitag in Göttingen eine neue Spitze gewählt wird?

Lafontaine und Wagenknecht schweigen dazu beharrlich – und verschaffen sich so Spielraum. Er müsste „ein ziemlicher Trottel“ sein, wenn er jetzt mit einem solchen Plan rauskäme, sagte Lafontaine kurz vor dem Erfurter Programmparteitag im Oktober, befragt nach einer Kandidatur 2013. Und als Wagenknecht am vergangenen Dienstag, nach ihrer Wahl zur Stellvertreterin von Gysi in der Linksfraktion des Bundestages, Auskunft zu ihren Ambitionen geben sollte, meinte sie: „Ich führe jetzt keine Personaldebatten über andere Funktionen, weil ich das für völlig deplatziert halte.“ Zuvor hatte sie deutlich gemacht, dass ihr der Parteivorsitz womöglich zu stressig erscheint und „das Leben sehr schwer macht“. Definitiv ausgeschlossen aber hat sie nur, in einer Kampfkandidatur gegen die amtierende Vorsitzende Gesine Lötzsch anzutreten, die sich um eine Wiederwahl in Göttingen bemühen will.

Lafontaine hatte nach der für die Linke erfolgreichen Bundestagswahl 2009 zunächst den Fraktionsvorsitz abgegeben, später auch den Parteivorsitz. Wagenknecht, in der PDS Außenseiterin, wurde 2010 zur stellvertretenden Parteichefin gewählt, in der Fraktion rückte sie auf, von der wirtschaftspolitischen Sprecherin zur Ersten stellvertretenden Vorsitzenden, einer für sie neu geschaffenen Position. Beide Politiker bleiben im Rennen für höhere Aufgaben. Als ausgeschlossen gilt nur, dass ein Liebespaar Lafontaine-Wagenknecht die Partei im Doppel führt.

Lesen Sie auf Seite 2, wie die Beziehung von Lafontaine und Wagenknecht von Parteikollegen bewertet wird.

Der Berliner Bundestagsabgeordnete Stefan Liebich, einer der Wortführer des Reformerflügels, sagte dem Tagesspiegel: „Sowohl Sahra Wagenknecht als auch Oskar Lafontaine haben eine eigenständige politische Karriere hinter sich. Sie haben das Recht, auch künftig eigenständig bewertet zu werden.“ Ein anderer Ost-Funktionär betonte: „Lafontaines Stellung in der Partei bleibt unstreitig. Es ändert sich auch nichts an der Akzeptanz, die Sahra Wagenknecht in der Partei hat.“ Wagenknecht hätte „immer eine Mehrheit, egal ob auf einem Parteitag oder bei einer Urwahl“. Beim linken Flügel wird das ähnlich gesehen. Wagenknecht habe alle Chancen auf das Amt der Parteichefin, wenn sie denn nur wolle. „Die Beziehung schadet ihnen nicht. Das ist eine private Sache.“ Fraktionschef Gysi hatte in der Fraktion verhindert, dass Wagenknecht ganz an die Spitze rückt und seine Co-Chefin wird. Er betonte, dass Wagenknecht in einer Konstellation, in der die Doppelspitze der Partei 2012 mit Vertretern der beiden Parteiflügel besetzt wird, dabei sein könnte. Die einstige Wortführerin der Kommunistischen Plattform versichert inzwischen: „Ich bin überzeugt, dass ich mit meinen Positionen in der Mitte der Linken stehe.“ In der Programmdebatte hatte sie sich starkgemacht für den von Lafontaine geprägten Entwurf, sich quasi zu seiner Gewährsfrau gemacht. Schon auf dem Erfurter Parteitag hatte es Gerüchte über eine Liaison zwischen Wagenknecht und Lafontaine gegeben – die beiden vermieden dort gemeinsame Auftritte.

Unter Lafontaine hatte auch seine nun von ihm getrennt lebende dritte Ehefrau Christa Müller eine Rolle bekommen. Die Saar-Linken machten sie zur familienpolitischen Sprecherin, sie provozierte mit altbackenen Thesen zur Familienpolitik, warb für ein „Erziehungsgehalt“ für Eltern, die ihre Kinder daheim betreuen und schwärmte vom „Hausfrauenethos“ früherer Zeiten. „Wundersam“ nannten Genossen diese Positionen, Müller vertrete „Rollenklischees aus der Mottenkiste“. Doch immer wieder wurde Lafontaines Gattin von den Saar-Linken im Amt bestätigt. Seit gut einem halben Jahr aber hat sie sich aus der politischen Arbeit zurückgezogen. In der Landespartei wird nicht damit gerechnet, dass sie im Amt bestätigt wird.

Gerüchte über eine Beziehung von Wagenknecht und Lafontaine hatte vor zwei Jahren der „Spiegel“ verbreitet. Weil das Magazin in seinem Text auch den damaligen Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch zitierte, wurde dieser als Stichwortgeber verdächtigt. Lafontaine, damals noch Parteichef, setzte anschließend durch, dass Bartsch geschasst wurde. Parteifreunde sind überzeugt, dass Lafontaine bis heute eine Wahl von Bartsch zum Vorsitzenden strikt ablehnt. Lafontaine ermöglicht also bestimmte Karrieren – und weiß andere zu verhindern.

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