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Demonstration auf dem Hasselbachplatz

© IMAGO/Bernd März

Journalisten von Nazis angegriffen: Massive Kritik an Polizeieinsatz auf Demo in Magdeburg

In Magdeburg sollten Polizeibeamte die Presse vor Neonazis beschützen, rannten jedoch davon. Dafür gibt es nun scharfe Kritik. Der Vorfall wird auch den Landtag beschäftigen.

Stand:

Nach einem Tagesspiegel-Bericht über grobes Polizeiversagen bei einer Demonstration Rechtsextremer in Magdeburg sind neue Details bekannt geworden. Das Verhalten der Beamten soll nun am kommenden Donnerstag im Innenausschuss des Landtags Thema werden. Massive Kritik am Polizeieinsatz kommt auch von den beiden großen deutschen Journalistenverbänden.

Bei dem Aufmarsch gewaltbereiter Rechtsextremer am 21. Dezember waren Polizisten, die eigentlich die anwesenden Pressevertreter schützen sollten, ohne Vorwarnung weggerannt und hatten die Journalisten im Stich gelassen. Daraufhin kam es zu mehreren körperlichen Attacken auf Pressevertreter.

Ute Korinth, Mitglied des Bundesvorstandes des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV), kritisiert den Einsatz der Polizei scharf. Gegenüber dem Tagesspiegel erklärt sie: „Das Grundrecht der Pressefreiheit ist nichts wert, wenn es nicht beschützt wird. Es kann nicht sein, dass eine freie Berichterstattung wegen Personalmangels verhindert wird und Journalistinnen und Journalisten, die ihrer Arbeit nachgehen, um ihre Sicherheit fürchten müssen.“ Hier sei es Aufgabe der Politik sowie der Polizeiverbände, Änderungen herbeizuführen.

Zudem verwies Korinth auf die „leider immer noch fehlende Sensibilisierung vieler Einsatzkräfte im Geschehen“. Trotz Schulungen und intensiver Gespräche des DJV mit der Polizei wüssten viele Beamte „immer noch nicht, wie ein offizieller Presseausweis aussieht, und unterschätzen den wichtigen Auftrag der Medien“. Dieses Problem bestehe bundesweit. Deshalb brauche es eine „noch engere Zusammenarbeit zwischen Polizei, Politik und Journalistenvertretern, um das Grundrecht auf Pressefreiheit zu wahren und Kolleginnen und Kollegen endlich nachhaltig vor Angriffen zu schützen“.

Die Spitze des Demonstrationszugs

© IMAGO/Bernd März

Jörg Reichel, Berliner Geschäftsführer der Journalisten-Union bei Verdi, hält das Handeln der Magdeburger Polizei für „verantwortungslos“. Er verweist zudem auf einen „blinden Flecken“ im Versammlungsgesetz von Sachsen-Anhalt. Dieses Gesetz gewährleiste nicht den Schutz von Journalisten – anders als etwa Paragraf 3 des Berliner Versammlungsfreiheitsgesetzes.

Es entspricht unserer Erfahrung, dass das Grundrecht auf Pressefreiheit auf Demos von Extremisten ohne einen aktiven Schutz durch die Polizei ins Leere läuft.

Jörg Reichel, Berliner Geschäftsführer der Journalisten-Union bei Verdi

Reichel erklärt: „In Berlin ist der Schutz der Pressefreiheit auf Versammlungen seit 2021 ein gesetzlicher Auftrag der Polizei.“ Und weiter: „Es entspricht unserer Erfahrung, dass das Grundrecht auf Pressefreiheit auf Demos von Extremisten ohne einen aktiven Schutz durch die Polizei ins Leere läuft.“

Auch bei der nächsten Sitzung des Innenausschusses des Landtags soll der Polizeieinsatz thematisiert werden. Sebastian Striegel, innenpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, erklärt gegenüber dem Tagesspiegel, er habe „Fragen an das Innenministerium auf den Weg gebracht“.

Insbesondere sei ihm „wichtig zu erfahren, welche grundsätzlichen Vorkehrungen zum Schutz von Medienvertretern vor Nazi-Angriffen im Kontext der rechtsextremen Versammlungen in Magdeburg durch die Einsatzleitung getroffen und wie diese umgesetzt wurden“.

Neben mehreren Journalisten bürgerlicher Medien wurden am fraglichen Abend auch rechtsextreme Youtuber von den Neonazis attackiert und verletzt – vermutlich in Unkenntnis darüber, wen die Angreifer in diesen Fällen vor sich hatten. Beobachter werten dies als „friendly fire“, also versehentliche Angriffe auf Gleichgesinnte.

Das Innenministerium Sachsen-Anhalts schweigt zu den Vorfällen. Eine Anfrage des Tagesspiegels, wie das Ministerium den Verlauf der Demonstration sowie den Einsatz der Polizei bewertet, beantwortet es nicht.

Auch die Polizeiinspektion Magdeburg lässt wichtige Fragen einfach unbeantwortet. Der Leiter des dortigen Direktionsbüros schreibt: „Aktuell kann ich Ihnen noch kein verbindliches Zeitfenster hinsichtlich einer Antwort geben“.

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