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Johann Wadephul (CDU), Bundesminister des Auswärtigen, besucht am 30.10.205 die Melkitische Griechisch-katholische Zeituna-Kirche in Damaskus.

© dpa/Marcus Brandt

Mahnung von Papst Leo XIV. : „In jedem Migranten klopft Christus an die Türen“

Die Union will Syrer aus Deutschland abschieben. Wer sie jedoch an das „C“ in ihren Parteinamen erinnert, zieht den Groll auf sich. Wie Außenminister Johann Wadephul.

Malte Lehming
Ein Kommentar von Malte Lehming

Stand:

Was genau er vor einer Woche in der Fraktionssitzung gesagt hat, ist nicht zweifelsfrei geklärt. Johann Wadephul, überzeugter Christ, wird mit diesem Satz zitiert: „Es muss in einem Fraktionssaal, in dem ein Kreuz hängt, möglich sein, das zu benennen.“ Mit „das“ sind die Zustände in Syrien gemeint.

In einer anderen Formulierung soll der Außenminister bei demselben Anlass gesagt haben: „Und bitte, so etwas muss auch eine CDU/CSU-Fraktion, so etwas müssen wir auch sehen. Nicht umsonst hängt hier das Kreuz.“

„Gesten der Nähe und der Aufnahme“

Zweifelsfrei geklärt aber ist, dass auch Wadephuls Hinweis auf die christliche Moral- und Soziallehre den unionsinternen Zwist vertieft hat. Eine Mehrheit der „C“-Partei-Oberen will Syrer in großer Zahl in ein verwüstetes Land abschieben und sich das Christsein trotzdem nicht absprechen lassen. Geht das?

Vor einem halben Jahr kam Papst Leo XIV. neu ins Amt. Vor wenigen Wochen hat er sein erstes offizielles Lehrschreiben veröffentlicht. Es heißt „Dilexi Te“ – „Ich habe Dir meine Liebe zugewandt“.

Es geht um Klimaschutz, Nächstenliebe, das Kümmern um die Ärmsten, die Fürsorge für die Kranken, ökonomische Gerechtigkeit und eben Migration. In seiner Verbindlichkeit steht die „Apostolische Exhortation“ (Lateinisch für Ermahnung) eine Stufe unterhalb einer Enzyklika.

Aufnehmen, schützen, fördern, integrieren

Ausführlich erinnert der Papst an den Einsatz der Kirche für Migranten. Wörtlich heißt es: „Wie eine Mutter begleitet die Kirche alle, die unterwegs sind. Wo die Welt Bedrohungen sieht, sieht sie Kinder; wo Mauern errichtet werden, baut sie Brücken. Sie weiß, dass ihre Verkündigung nur dann glaubwürdig ist, wenn sie sich in Gesten der Nähe und der Aufnahme ausdrückt; und dass in jedem zurückgewiesenen Migranten Christus selbst an die Türen der Gemeinschaft klopft.“

Das sind starke, apodiktisch vorgetragene Worte. Leo XIV. macht da weiter, wo sein Vorgänger, Papst Franziskus, aufgehört hatte. Ausdrücklich teilt er dessen vier Verben, die den Leitfaden christlicher Migrationspolitik bilden sollen: aufnehmen, schützen, fördern, integrieren.

Franziskus war als Erstes im Rahmen seines Pontifikats auf die Mittelmeerinsel Lampedusa gereist und hatte dort eine „Globalisierung der Gleichgültigkeit“ gegenüber Geflüchteten angeprangert. In einer Videobotschaft an die Bewohner Lampedusas bilanzierte Leo XIV. im September, daraus sei eine „Globalisierung der Ohnmacht“ geworden. Eine bittere Bilanz.

Friedrich Merz ist praktizierender Katholik. Doch die Union hat Angst vor der AfD. Diese Angst scheint größer zu sein als die Bereitschaft von CDU und CSU, sich gelegentlich an christliche Werte erinnern zu lassen. Das „C“ soll versteckt werden. Das wirkt kleinlaut, verzagt, getrieben.

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