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Friedrich Merz (l), CDU-Vorsitzender und Kanzlerkandidat seiner Partei, sitzt neben
Dennis Radtke, Landesvorsitzender der CDA Nordrhein-Westfalen, bei der Betriebsrätekonferenz der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA) Deutschland  auf der Bühne.

© dpa/Fabian Strauch

„Mal die Kirche im Dorf lassen“: SPD will „Stadtbild“-Gipfel im Kanzleramt – CDU kritisiert Vorschlag

Nach seiner ersten „Stadtbild“-Äußerung hat Kanzler Merz erst nachgelegt und dann eine Konkretisierung nachgeschoben. In der SPD hält man das nicht für ausreichend, in der Union reagiert man genervt.

Stand:

In der anhaltenden Debatte über mehr Sicherheit im öffentlichen Raum fordert die SPD ein Spitzentreffen im Kanzleramt. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Adis Ahmetovic, der mit neun weiteren Abgeordneten einen Acht-Punkte-Plan zur „Stadtbild“-Debatte verfasst hat, sagte der „Bild“-Zeitung: „Ich erwarte, dass der Kanzler Vertreter von Großstädten, kommunalen Verbänden und den Fraktionen zu einem Stadtbild-Gipfel an einen Tisch holt, wie beim Stahl- oder Automobil-Gipfel.“ Die Union sieht dafür keine Notwendigkeit.

„Ich war über die Formulierungen zum Stadtbild und der damit losgetretenen Debatte auch nicht glücklich“, sagte der Chef des CDU-Arbeitnehmerflügels Dennis Radtke dem Tagesspiegel. „Aber wenn wir jetzt auf jede rhetorische Unschärfe eines Regierungsmitglieds mit einem Gipfel reagieren, dann gute Nacht.“ Aus seiner Sicht ist in der Debatte alles gesagt. „Jeder sollte jetzt auch mal die Kirche im Dorf lassen.“

Zuvor hatten sich auch andere Unionspolitiker gegen einen Gipfel ausgesprochen. „Der Bundeskanzler hat die Problemlage klar benannt, eine weitere Erörterung ist nicht nötig“, sagte Fraktionsgeschäftsführer Steffen Bilger der „Bild“. „Die breite Mehrheit der Bevölkerung sowie viele SPD-Ministerpräsidenten, Landräte und Bürgermeister teilen bereits ein sehr gutes Verständnis dessen, wovon der Bundeskanzler gesprochen hat“, betonte der CDU-Politiker. Die Union stehe aber für Gespräche mit der SPD über eine noch konsequentere Innenpolitik jederzeit bereit.

Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Alexander Throm (CDU), kritisierte in der Zeitung das Papier aus der SPD-Fraktion. Es rede an den Themen vorbei, die die Menschen tatsächlich beschäftigten.

SPD-Politiker Wiese: Versuch, Debatte zu versachlichen

Die Gruppe der SPD-Abgeordneten hatte in ihrem Plan „für ein soziales, sicheres und solidarisches Stadtbild“ geschrieben: „Schwierigkeiten im Stadtbild haben vielfältige Ursachen: soziale Missstände, Wohnungsnot, Verwahrlosung öffentlicher Räume, fehlende soziale Infrastruktur und unzureichende Prävention.“ Wer die Debatte auf Asyl, Flucht und Migration verenge, verhindere Lösungen.

Die Autoren schlugen vor, dass sich die Koalition bis Jahresende auf ein gemeinsames Verständnis des „Stadtbilds“ verständigt. „Ob im Koalitionsausschuss oder einer Arbeitsgruppe – es braucht jetzt Klarheit in dieser Debatte. Für alle Menschen in unseren Städten“, heißt es in dem Papier.

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SPD-Fraktionsgeschäftsführer Dirk Wiese unterstützt das Anliegen der Gruppe. „Der Acht-Punkte-Plan war ein Debattenbeitrag von Abgeordneten unserer Fraktion, der das Ziel hatte, die ,Stadtbild’-Diskussion zu versachlichen und nicht auf das Thema Migration zu verengen. Dieses Ziel teile ich ausdrücklich“, sagte Wiese der „Bild“. Er betonte: „Dafür bedarf es in der Tat eines schlüssigen Konzepts. Daran sollten wir arbeiten.“

Auslöser der Debatte war eine Äußerung von Merz vom 14. Oktober. Er sagte, die Bundesregierung korrigiere frühere Versäumnisse in der Migrationspolitik und mache Fortschritte, „aber wir haben natürlich immer im Stadtbild noch dieses Problem, und deswegen ist der Bundesinnenminister ja auch dabei, jetzt in sehr großem Umfang auch Rückführungen zu ermöglichen und durchzuführen“. Später sagte er auf Nachfrage: „Fragen Sie mal Ihre Töchter, was ich damit gemeint haben könnte.“

SPD-Fraktionsvize Esdar nahm an „Stadtbild“-Demo teil

Am Mittwoch konkretisierte er dann, Probleme würden diejenigen Migranten machen, die keinen dauerhaften Aufenthaltsstatus hätten, nicht arbeiteten und die sich auch nicht an die in Deutschland geltenden Regeln hielten.

Auch nach der Konkretisierung halten die Demonstrationen gegen die Merz-Aussagen an. An einer Kundgebung in Bielefeld nahm am Freitag auch SPD-Fraktionsvize Wiebke Esdar teil. Das sorgt für Misstöne in der Koalition.

Unionsfraktionschef Jens Spahn sagte (CDU) in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“: „Opposition in der Regierung – das hat noch nie funktioniert.“ Bilger kritisierte im „Tagesspiegel“: „Wer als SPD-Führungskraft gegen den Bundeskanzler der gemeinsamen Koalition demonstriert, trägt leichtfertig dazu bei, dass die Menschen uns weniger zutrauen, gut zu regieren.“ (mit dpa)

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