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Iris Stalzer, neue Bürgermeisterin von Herdecke, ist auf einem unadatierten Archivbild aus dem Jahr 2025 zu sehen.

© dpa/Bernd Henkel

„Man hätte rücksichtsvoller sein können“: Herdeckes Bürgermeisterin rügt nach Messerangriff Medien und Merz

Die lebensbedrohliche Attacke auf das neu gewählte Stadtoberhaupt von Herdecke hat bestürzt. Wenige Wochen danach ist heute Amtsbeginn. Stalzer kritisiert den Umgang mit ihrem Fall und ihrer Familie.

Stand:

Die SPD-Politikerin Iris Stalzer war am 7. Oktober in ihrem Haus in Nordrhein-Westfalen lebensgefährlich verletzt worden. Knapp vier Wochen nach dem lebensbedrohlichen Messerangriff hat die 57-Jährige am Samstag offiziell ihre Amtszeit als neue Bürgermeisterin der Kleinstadt Herdecke begonnen – und kritisiert den Umgang von einigen Medien und Politikern zu ihrem Fall, auch Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU).

„Ich habe tatsächlich überhaupt nicht erwartet, dass ein solcher Medienrummel entstehen würde“, sagte Stalzer in einem ausführlichen Interview der „Westfalenpost“. Sie betonte: „Ich bin auch keine Bundespolitikerin oder ein Mensch, der irgendwie bundesweit Bedeutung hat“, sagte Stalzer. „Ich finde, da hätte man etwas rücksichtsvoller sein können. Ich denke auch, an der einen oder anderen Stelle sind da rechtliche Grenzen überschritten worden, leider“, sagte die Juristin.

Ich bin gerade erst dabei, eine Person des öffentlichen Lebens zu werden.

Iris Stalzer, Bürgermeisterin von Herdecke in NRW (SPD)

Sie kritisierte in diesem Zusammenhang auch den Umgang mit ihrer Familie: „Und ich habe auch nicht erwartet, dass man meine Kinder zeigt, ob nun verpixelt oder nicht verpixelt, ob von vorne oder von hinten, in einer Situation, wo noch alles völlig ungeklärt war.“ Stalzer sagte weiter: „Und auch wenn jetzt immer zu lesen ist, ich sei eine Person des öffentlichen Lebens – ich bin gerade erst dabei, eine Person des öffentlichen Lebens zu werden.“

Die Begleitumstände der Tat seien eine enorme Belastung, mit denen sie so nicht gerechnet habe. „Als der Rettungswagen bei uns vorm Haus stand und ich da in sehr angeschlagenem Zustand erstversorgt wurde, sagte einer der Rettungssanitäter schon zu den Kollegen: ,Die stehen schon draußen und filmen. Das ist ja schrecklich’.“

Bereits kurz nach Bekanntwerden der Tat – als die Hintergründe noch völlig unklar waren – hatten sich auch mehrere Politiker dazu geäußert. Merz schrieb auf der Plattform X von einer „abscheulichen Tat“. Stalzer sagte dazu: „Ich will jetzt Herrn Merz keinen Vorwurf machen und mir ist auch klar, dass wir in einer schnelllebigen Zeit leben. Aber sich binnen Minuten zu Dingen zu äußern, von denen man so wenig weiß und dann da eine Meinung zu haben, das finde ich extrem schwierig“ und fügte hinzu: „Ich finde, da sind auch manche Menschen viel zu schnell am Handy.“

Im Krankenhaus habe sie dann bewusst darauf verzichtet, Medien zu konsumieren, „auch wenn ich natürlich über Freunde, die sich bei mir oder bei meinem Mann gemeldet haben, etwas mitbekommen habe“, sagte Stalzer. „Ich habe mich darauf beschränkt, das zu lesen, was so ganz persönlich über meine Homepage oder über meine diversen E-Mail-Adressen an mich gerichtet wurde – oder auch über ganz normale Briefpost. Das war und ist der Schutzwall, den ich für mich selbst installiert habe.“

Gesundheitlich gehe es ihr gut, sagte Stalzer. Und: „Die Kinder sind in hoffentlich einigermaßen geschützten Bereichen.“ Wobei sie auch in diesem Punkt überrascht sei, wie nicht für die Öffentlichkeit bestimmte Informationen nach außen dringen konnten.

Als Bürgermeisterin könne sie auf die volle Unterstützung ihres Mannes und ihrer Partei zählen. „Wenn aus der Partei, die mich in dieses Amt hineingebracht hat, die mich aufgestellt hat, signalisiert worden wäre, dass ich dem Amt, der Partei schade, hätte ich sofort gesagt, dass ich zurückziehe“, sagte Stalzer. Stattdessen sei aber „ein ganz klares und deutliches Ja von allen Seiten aus der Partei“ gekommen.

Vereidigung von Stalzer in Herdecke am 4. November

Für ihr neues Amt sieht Stalzer keine Beeinträchtigung durch den Rummel um den Messerangriff. „Ich hoffe aber mal, dass ich mich richtig einschätze, wenn ich sage: So ganz schnell haut mich nichts um“, erklärte sie. „Für manche mag das Leben ein Ponyhof sein, für die meisten ist es das nicht, das habe ich schon in meiner Bewerbungsrede vor der SPD im April gesagt.“

Mit dem ersten Tag ihrer Amtszeit übernimmt die SPD-Politikerin nun die Leitung von rund 380 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung Herdecke. Mit ihrer Vereidigung am nächsten Dienstag wird sie auch den Vorsitz im Stadtrat übernehmen.

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