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Tagesspiegel-Kolumnist Harald Martenstein.

© Thilo Rückeis

Weg frei für neue Themen: Martenstein tritt als Wulff-Kolumnist zurück

Harald Martenstein sagt: "Ich trete zurück." Es war ihm ein Herzensbedürfnis, Kolumnen über Christian Wulff zu schreiben, aber das ist nun vorbei. Denn die vielen Vorteile, die Wulff sich verschafft hat, haben Martensteins Familie verletzt.

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Bürgerinnen und Bürger, gerne habe ich seit Wochen Kolumnen über Christian Wulff geschrieben und mich mit ganzer Kraft dieser Aufgabe gewidmet. Es war mir ein Herzensbedürfnis, weil er bis heute keinerlei Unrechtsbewusstsein zeigt. Alle, die hier bei uns in Deutschland leben, ganz gleich, welche Wurzeln sie haben – sie alle sollten das Gefühl haben, dass so ein zwielichtiger Bundespräsident nicht durchkommt.

Ich bin davon überzeugt, dass Deutschland seine wirtschaftliche und gesellschaftliche Kraft am besten entfalten kann, wenn der Bundespräsident nicht unter Korruptionsverdacht steht.

Unser Land, die Bundesrepublik Deutschland, hat nun einen Expräsidenten, der sich uneingeschränkt seinen gewaltigen nationalen sowie, falls noch mehr herauskommt, internationalen juristischen Herausforderungen widmen kann; einen Präsidenten, der vom Misstrauen nicht nur einer Mehrheit, sondern einer breiten Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger aus dem Amt getragen wurde. Die Entwicklung der vergangenen Tage hat gezeigt, dass dieses Misstrauen auch die Staatsanwaltschaft nachhaltig ergriffen hat.

Sehen Sie hier, was Tagesspiegel-Karikaturist Klaus Stuttmann zum Fall Wulff zu sagen hat:

Aus diesem Grund ist es mir nicht mehr möglich, das Kolumnenschreiben über den Bundespräsidenten nach innen und außen wahrzunehmen. Ich trete deshalb heute von allen weiteren Kolumnen über den Präsidenten zurück, um den Weg für andere Themen freizumachen. Bundesratspräsident Horst Seehofer wird die Vertretung übernehmen.

Was die anstehende rechtliche Klärung angeht, bin ich davon überzeugt, dass Christian Wulff noch Stress zu überstehen hat. Ich habe mich stets rechtlich korrekt verhalten. Ich habe Fehler gemacht, aber ich glaube, ich war immerhin aufrichtiger als er. Die vielen Vorteile, die er sich verschafft hat, haben meine Familie verletzt.

Ich danke den Bürgerinnen und Bürgern, die sich für unser Land engagieren, ohne dafür im Gegenzug Gratisurlaube, Handys, Autos oder lobhudelnde Bücher über sich zu bekommen. Ich danke den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in allen Behörden, die exzellent arbeiten, obwohl sie nicht mal eine Flasche Wein annehmen dürfen. Vor allem danke ich den Medien, die einige Male übers Ziel hinausgeschossen sind, die aber ihre Aufgabe, den Mächtigen auf die Finger zu schauen, überzeugend wahrgenommen haben. Ich wünsche unserem Land eine politische Kultur, in der die Menschen Unbestechlichkeit als unendlich wertvoll erkennen und sich vor allem – das ist mir das Wichtigste – gegen Vorteilsnahme im Amt engagiert einsetzen.

Das Urheberrecht für diesen Text liegt bei Christian Wulff. Das ihm zustehende Honorar wurde an der Pforte des Tagesspiegels in bar übergeben.

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