Politik: Massen-Demonstration in Taiwan
Etwa eine Million Taiwanesen haben am Samstag gegen das chinesische Anti-Abspaltungsgesetz demonstriert, das Peking im Falle einer formellen Unabhängigkeit der Insel zum Krieg ermächtigt.
Taipeh (26.03.2005, 12:41 Uhr) - Mit Rufen wie «Sagt Nein zu China, sagt Nein zu Raketen», Spruchbändern und Fahnen zogen zehn Demonstrationszüge zu einer Massenkundgebung am Präsidentenpalast im Herzen Taipehs. Taiwans Präsident Chen Shui-bian und seine Familie schlossen sich der Demonstration an. Demonstranten aus Süd- und Zentraltaiwan kamen mit Bussen, per Flugzeug oder Zug in die taiwanesische Hauptstadt. Auch Ministerpräsident Frank Hsieh sowie der frühere Präsident Lee Teng- hui marschierten mit.
Taiwans Präsident, der aus Rücksicht auf China keine Rede hielt, hatte das vor knapp zwei Wochen vom Volkskongress in Peking verabschiedete Gesetz im Vorfeld als «Aggressionsgesetz» verurteilt. Es ermächtigt Chinas Armee zu «nicht friedlichen Mittel und anderen notwendigen Maßnahmen», falls sich Taiwan vom Festlandchina abspalten und «die Möglichkeiten für eine friedliche Wiedervereinigung völlig ausgeschöpft sein sollten». Chen Shui-bian hatte vor dem Massenprotest erklärt, die Zukunft Taiwans könne nicht von 3000 nicht gewählten Volkskongressdelegierten entschieden werden, sondern nur von den 23 Millionen Taiwanesen selbst.
Der Vorsitzende des taiwanesischen Festlandrates, Joseph Wu, sagte, die Demonstration solle der chinesischen Seite den Ärger der Taiwanesen zeigen. Solange Peking nicht das demokratische System auf Taiwan respektiere, sei es unwahrscheinlich, dass sich die Beziehungen verbesserten. Die kommunistische Führung in Peking betrachtet die demokratische Inselrepublik seit mehr als fünf Jahrzehnten lediglich als abtrünnige Provinz. (tso) ()