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Merz verteidigte seine Worte zum „Stadtbild“ am Montag.

© dpa/Christophe Gateau

Update

Nach Kritik vom CDU-Sozialflügel: Innenminister Dobrindt verteidigt Merz’ „Stadtbild“-Aussage

Illegale Migration hätte das Stadtbild verändert, sagt CSU-Innenminister Dobrindt und springt dem Kanzler bei. Doch auch Unionspolitiker fordern mehr Differenzierung von Friedrich Merz. 

Stand:

Bundeskanzler Friedrich Merz stößt auch in der eigenen Partei mit seinen Äußerungen über „Stadtbild“ und Migration auf Kritik. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) stellt sich aber klar an die Seite des CDU-Chefs. Der „Bild“ sagte er: „Dass illegale Migration das Erscheinungsbild unserer Städte verändert, entspricht dem normalen Empfinden vieler Menschen – und ich halte es auch für eine Tatsache.“

Die Bundesregierung sorge mit der eingeleiteten Migrationswende dafür, dass Städte, Gemeinden, Kitas, Schulen und das Gesundheitssystem spürbar entlastet würden, sagte Dobrindt. Das sei „eine Frage des Respekts und der Verantwortung gegenüber unserem Land“.

Merz bleibt beim Stadtbild-Satz

Der Kanzler war vor einer Woche in Potsdam von einem Reporter auf das Erstarken der AfD angesprochen worden. Merz sagte daraufhin unter anderem, dass man frühere Versäumnisse in der Migrationspolitik korrigiere und Fortschritte mache. „Aber wir haben natürlich immer im Stadtbild noch dieses Problem, und deswegen ist der Bundesinnenminister ja auch dabei, jetzt in sehr großem Umfang auch Rückführungen zu ermöglichen und durchzuführen.“ Die Äußerung war von der Opposition, aber auch vom Koalitionspartner SPD kritisiert worden. 

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SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf warf Merz vor, zu spalten. Es gebe in Deutschland Probleme – und die dürfe man benennen. „Aber das alles immer wieder auf eine Frage zurückzuführen, auf die Frage der Migration, und da so viel miteinander zu vermengen und zu pauschalisieren – das spaltet und das zerstört Vertrauen“, sagte er in der ntv-Talkshow „Pinar Atalay“. 

Merz verteidigte seine Worte am Montag. „Ich habe gar nichts zurückzunehmen“, sagte er. „Im Gegenteil, ich unterstreiche es noch einmal: Wir müssen daran etwas ändern, und der Bundesinnenminister ist dabei, daran etwas zu ändern, und wir werden diese Politik fortsetzen.“ 

Nachfragen, was er mit „dieses Problem“ konkret gemeint habe, beantwortete Merz unter anderem, indem er sagte, wer seine Töchter frage, werde auf die Frage, was er mit seinen Äußerungen gemeint habe, vermutlich „eine ziemlich klare und deutliche Antwort“ bekommen.

Auch am Dienstag hält Merz seine umstrittenen Äußerungen für nicht weiter erklärungsbedürftig. „Wenn Sie mir das nachsehen, dieses Thema hat heute keine Rolle gespielt, und es wird auch im weiteren Verlauf des Tages keine Rolle spielen“, sagte er auf eine entsprechende Frage bei seinem offiziellen Antrittsbesuch bei der baden-württembergischen Landesregierung. „Und was ich mit diesem Wort gemeint habe – in der letzten Woche in Potsdam so gesagt, gestern nochmal wiederholt in einer Pressekonferenz – ist deutlich geklärt worden.“ 

Kritik aus der CDU an Merz’ Äußerungen

Aus der Union gibt es aber nicht nur Zustimmung an Merz’ Äußerungen. Der Landeschef der baden-württembergischen CDU, Manuel Hagel, sagte im ZDF-„heute journal“, es habe sich in Deutschland etwas verändert – und das habe etwas mit Migration zu tun, aber nicht nur. „Am Ende geht es nicht um Menschen oder Gruppen. Es geht vor allen Dingen darum, dass wir die Probleme – innere Sicherheit, Ordnung in unseren Innenstädten – lösen.“

Friedrich Merz ist nicht mehr der launige Kommentator am Spielfeldrand, der einen raushaut, sondern ihm kommt als Kanzler eine besondere Verantwortung (...) zu.

Dennis Radtke, Chef des CDU-Sozialflügels

Viele Menschen mit Migrationshintergrund seien Teil der bürgerlichen Mitte, Teil des Wohlstands, Teil der Wertegemeinschaft, sagte Hagel. „Und deshalb rate ich da sehr, verbal etwas abzurüsten und sehr differenziert in dieser Debatte auch vorzugehen.“ 

„Probleme lassen sich nicht abschieben“

Der Chef des CDU-Sozialflügels, Dennis Radtke, sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe: „Natürlich haben wir an vielen Stellen ein verstörendes Stadtbild, aber zu suggerieren, dies würde sich durch Abschiebungen ändern, ist zu kurz gesprungen, erweckt unerfüllbare Erwartungen und wird der Komplexität des Problems nicht gerecht.“

Radtke sagte weiter: „Probleme wie Drogensucht, Obdachlosigkeit oder Mackertum bei Jugendlichen lassen sich nicht abschieben, sondern müssen angepackt werden.“ Natürlich müssten illegal eingereiste Migranten abgeschoben werden – aber viele Probleme würden fortbestehen. 

Der Vorsitzende der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft Deutschlands (CDA) mahnte: „Friedrich Merz ist nicht mehr der launige Kommentator am Spielfeldrand, der einen raushaut, sondern ihm kommt als Kanzler eine besondere Verantwortung für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft, die Debattenkultur und einer positiven Zukunftserzählung zu.“ 

Debatte vor dem Hintergrund starker AfD-Umfragewerte

Die beste Strategie gegen die AfD sei Politik, die Probleme löse, Versprechen einhalte und in der Kommunikation ebenso klar wie empathisch sei, meinte Radtke. Merz hatte erneut einen klaren Abgrenzungskurs der CDU gegenüber der AfD angekündigt. 2026 werden in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Berlin, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern neue Landtage gewählt. In Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern kommt die AfD in jüngsten Umfragen an die 40 Prozent heran und ist mit weitem Abstand stärkste Partei.

Im Kommunalwahlkampf in Nordrhein-Westfalen in diesem Sommer waren vor allem Strategien gegen Obdachlosigkeit, die Vermüllung im öffentlichen Raum sowie Armutszuwanderung aus Osteuropa beherrschende Themen in den Großstädten.

Im vergangenen Jahr wurden laut Bundeskriminalamt (BKA) insgesamt knapp 3,4 Millionen Straftaten aufgeklärt und insgesamt 2.184.834 Tatverdächtige ermittelt. Der Anteil nichtdeutscher Tatverdächtiger an allen Tatverdächtigen nahm im Vergleich zum Vorjahr um 0,7 Prozentpunkte zu und lag damit 2024 bei 41,8 Prozent. „Diese Tendenz kann aufgrund des aktuellen Wanderungsgeschehens in Deutschland als durchaus erwartbar eingestuft werden“, heißt es dazu in der Polizeilichen Kriminalstatistik.

Während sich die deutsche Wohnbevölkerung im betrachteten Zeitraum in ihrer Größe kaum verändert habe, sei die nichtdeutsche Bevölkerung merklich angewachsen. Neben diesen rein zahlenmäßigen Effekten sei davon auszugehen, dass viele Schutzsuchende multiple Risikofaktoren - etwa unsichere Zukunftsperspektive, Armut, Gewalterfahrungen - für verschiedene Deliktsbereiche, insbesondere Gewaltkriminalität und Eigentumsdelikte, aufweisen. (dpa)

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