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Politik: Milosevic vor Gericht: "Die Aussage zu verweigern, ist Recht des Angeklagten"

Das sich am angelsächsischen Prozessrecht orientierende UN-Kriegsverbrechertribunal stellt dem Angeklagten - anders als im deutschen Strafrecht üblich - eine Eingangsfrage nach der eigenen Schuld. Im Falle einer bejahenden Antwort ist ein Schuldnachweis durch das Gericht zwar ebenso nötig wie nach einem Nein, muss aber nicht so stichhaltig sein.

Das sich am angelsächsischen Prozessrecht orientierende UN-Kriegsverbrechertribunal stellt dem Angeklagten - anders als im deutschen Strafrecht üblich - eine Eingangsfrage nach der eigenen Schuld. Im Falle einer bejahenden Antwort ist ein Schuldnachweis durch das Gericht zwar ebenso nötig wie nach einem Nein, muss aber nicht so stichhaltig sein. Analog zum deutschen Strafrecht dagegen wäre die Reaktion des Tribunals auf eine Aussageverweigerung - es gäbe keine. "Die Verweigerung der Aussage ist ein grundlegendes Recht jedes Angeklagten", sagt Rüdiger Wolfrum, Direktor am Heidelberger Max-Planck-Institut für Völkerrecht. Nur von Zeugen können Aussagen erzwungen werden. Eine Möglichkeit, einen Angeklagten in ein und demselben Verfahren zum Zeugen zu machen, gibt es nicht.

Zum Thema Rückblick: Milosevics Verhaftung Link: Die Anklageschrift des UN-Tribunals (englisch) Der Gefahr, dass Milosevic das Gericht als Bühne für politische Äußerungen missbraucht, kann der Vorsitzende mit Ermahnungen, sich zur Sache zu äußern, und notfalls auch mit seinem Ausschluss von der Verhandlung begegnen. Richterliche Strenge würde Milosevic aber womöglich in die Hände spielen, könnte ein Ausschluss doch suggerieren, er würde kein faires Verfahren bekommen. "Ein guter Vorsitzender wählt einen Weg in der Mitte", sagt Albrecht Randelzhofer, der an der Freien Universität Berlin Staats- und Völkerrecht lehrt.

Wie das juristische Verfahren nach der ersten richterlichen Vorführung weitergeht, ist nur in Umrissen erkennbar. Dem üblichen Ablauf folgend würde jetzt zunächst die Anklage ihr Beweismaterial der Verteidigung zugänglich machen. Die Anwälte könnten darauf ihre Eingaben und Anträge aufbauen. Mit dem Beginn des Kriegsverbrecher-Prozesses ist nach Einschätzung des Präsidenten des Tribunals, Claude Jorda, frühestens in acht bis zwölf Monaten zu rechnen. Das Hauptverfahren selbst dürfte dann noch einmal mindestens 12 bis 15 Monate dauern.

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