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Politik: Morden für den Gottesstaat

Dagestans Nationalitätenminister durch Attentat getötet

Die Täter haben am Mittwoch an einer Kreuzung gewartet. Als der Wagen hielt, warfen sie eine Sprengladung auf das Dach des Fahrzeugs. Sekunden später war Magomedsalih Gussajew tot. Er war Minister für Nationalitätenpolitik, Information und Auslandskontakte in der an Tschetschenien grenzenden südrussischen Teilrepublik Dagestan.

Der Anschlag ist der jüngste einer ganzen Serie spektakulärer Morde in Dagestan. Die Täter gehören nach bisherigen Erkenntnissen zur „Schura der Völker Dagestans“, einer illegalen Organisation der Wahabiten-Anhänger einer fundamentalistischen Seitenrichtung des Islam, zu der sich auch der extreme Flügel der tschetschenischen Separatisten bekennt. Ziel ist ein Gottesstaat im gesamten Nordkaukasus. Ko-Vorsitzender ist Schamil Bassajew, den Russland für einen der Hintermänner des Geiseldramas im Musicaltheater in Moskau hält. Er zog bei diversen Geiselnahmen und Terroranschlägen in ganz Russland die Fäden, und seine Milizen überfielen im August 1999 mehrere dagestanische Dörfer und riefen dort eine islamische Republik aus. Die Schura soll eine Liste missliebiger Personen führen, die nach und nach „abgearbeitet werde“.

So wurde erst vor knapp drei Wochen in der Hauptstadt Machatschkala einer der prominentesten Politiker der Republik erschossen: Nadirschah Chatschilajew. Er war der Anführer einer der größten der 35 Volksgruppen in Dagestan und hatte maßgeblichen Anteil an der Aushandlung des Abkommens, das den ersten Tschetschenien-Krieg beendete.

Die tschetschenischen Extremisten hatten mehrfach gedroht, den Konflikt in die Nachbarstaaten zu tragen, sollte Moskau an seinem umstrittenen Friedensprozess festhalten. Vor allem nach Dagestan, einen strukturschwachen Vielvölkerstaat mit hoher Arbeitslosigkeit und daher besonders verwundbar. Konflikte der Volksgruppen um das knappe Acker- und Weideland sowie um Posten in der Regierung wurden nur notdürftig beigelegt. Ein vierzehnköpfiger Staatsrat bildet die Regierung. Darin sind die größten Ethnien proportional zu ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung, rund 1,8 Millionen Einwohner, vertreten.

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