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Alle warten auf Nancy Pelosis weiteres Vorgehen. Aber die Demokratin lässt sich Zeit.

© Win McNamee/Getty Images/AFP

Update

Amtsenthebungsverfahren gegen Trump: Nancy Pelosi lässt ihre Demokraten warten

Die Parteifreunde werden ungeduldig. Die oberste US-Demokratin Nancy Pelosi steht unter Druck, die nächsten Schritte im Impeachment-Verfahren einzuleiten.

Selbst die Demokraten im US-Senat werden unruhig. Zu lange dauert manchen das Pokerspiel der demokratischen Mehrheitsführerin im Repräsentantenhaus, Nancy Pelosi, in der Impeachment-Frage.

Am Mittwoch forderte die kalifornische Senatorin Dianne Feinstein ihre ebenfalls aus Kalifornien stammende Parteikollegin ultimativ auf, jetzt endlich die Anklagepunkte gegen Präsident Donald Trump an den Senat zu übermitteln. „Umso länger das alles dauert, umso weniger dringlich erscheint es. Daher: Wenn es ernst und dringend ist, schicken Sie diese rüber. Wenn nicht, schicken Sie sie nicht.“

Auch andere Demokraten im Senat äußerten ihre Ungeduld, zum Beispiel Joe Manchin aus West Virginia, Chris Coons aus Delaware und Jon Tester aus Montana.

Pelosi blockiert diesen nächsten Schritt, mit dem das entscheidende Verfahren im Senat beginnen kann, bislang noch. Sie wollte zunächst wissen, wie der Ablauf des Verfahrens dort geplant sei. Unter anderem fordern die Demokraten, dass im Senat weitere Zeugen angehört werden sollen. Dazu wollten sie eine Zusage vor Beginn des Verfahrens erreichen. Der republikanische Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, sperrte sich jedoch dagegen. Dass er zeitnah nachgeben könnte, halten inzwischen die meisten für ausgeschlossen.

Es ist erst das dritte Amtsenthebungsverfahren in der US-Geschichte

Die Demokraten beschuldigen Trump, sein Amt missbraucht zu haben, um die ukrainische Regierung zu drängen, sich zu seinen Gunsten in den US-Wahlkampf einzumischen. Mit der Mehrheit der Demokraten hatte das Repräsentantenhaus vor Weihnachten die offizielle Eröffnung eines Amtsenthebungsverfahrens gegen Trump beschlossen – erst zum dritten Mal in der US-Geschichte. Die beiden Anklagepunkte gegen den Präsidenten lauten Amtsmissbrauch und Behinderung der Ermittlungen im Repräsentantenhaus.

Unter anderem wollen die Demokraten Trumps früheren Nationalen Sicherheitsberater, John Bolton, als Zeugen hören. Bolton hatte sich am Montag zu einer Aussage bereiterklärt, wenn er unter Strafandrohung vom Senat vorgeladen werde. Ob es dazu kommt, ist aber offen. Trump sagte am Dienstag, der Senat und Anwälte müssten entscheiden, ob Bolton aussagen solle. Dieser wisse aber ohnehin nichts über die Vorwürfe. An den Anschuldigungen sei nichts dran.

Die Republikaner geben Pelosis Forderungen nicht nach

Die Republikaner könnten das Amtsenthebungsverfahren im Senat aber auch ohne vorherige Einigung mit den Demokraten über das Prozedere starten und die Frage möglicher Zeugenvernehmungen verschieben. McConnell behauptet, die nötigen Stimmen zu haben, um eine erste Phase des Verfahrens in Gang zu setzen, in der unter anderem die Argumentationen von Anklage und Verteidigung ausgetauscht werden könnten. Die Frage, ob im Senat Zeugen angehört werden sollen, werde dann geklärt, „und nicht vor dem Start des Verfahrens“. Diskussion beendet, soll das heißen.

Hat sich Pelosi also verzockt? Darüber gehen die Meinungen auseinander. Die meisten demokratischen Abgeordneten im Repräsentantenhaus folgen ihrem Kurs bisher widerspruchslos – in der Hoffnung, dass die erfahrene Abgeordnete einen Plan hat, der am Ende aufgeht. Sie weisen daraufhin, dass die 79-jährige Demokratin erreicht habe, dass die Öffentlichkeit über die mangelnde Fairness des Verfahrens im Senat diskutiere.

Für ein erfolgreiches Impeachment, also einen Schuldspruch des Präsidenten und eine Amtsenthebung, braucht es die Zustimmung von zwei Dritteln der Senatoren. Da aber in dieser Kongresskammer Trumps Republikaner die Mehrheit haben (mit 53 von 100 Sitzen), gilt das derzeit als ausgeschlossen. Der Präsident kann mit einem Freispruch rechnen – eine Berufung ist nach Angaben des Senats nicht vorgesehen. Bisher ist noch kein US-Präsident auf diesem Wege des Amtes enthoben worden.

Der Senat hat die Funktion eines Gerichts

Dem Senat kommt im Impeachment-Verfahren die Funktion eines Gerichts zu. Die Mitglieder des Repräsentantenhauses, die vorher vom Senat gewählt wurden, agieren als Staatsanwaltschaft. Geleitet wird das im Fernsehen live übertragene Verfahren von dem Vorsitzenden des Obersten Gerichtshofs, John Roberts, der vor 14 Jahren von Präsident George W. Bush ernannt wurde.

Er ist für einen reibungslosen Ablauf des Verfahrens verantwortlich, beispielsweise, indem er sicherstellt, dass immer alle Senatoren anwesend sind. Er würde auch Zeugen befragen, wenn das gewünscht ist. Doch seine Macht ist beschränkt: Am Ende bestimmt der Senat die Spielregeln und kann alle Entscheidungen des „Chief Justice“ mit einfacher Mehrheit überstimmen – also alleine mit den republikanischen Stimmen.

Auf Roberts wartet eine schwierige Aufgabe: Er muss beweisen, dass die Justiz unabhängig ist und sich von den parteipolitischen Grabenkämpfen nicht beeindrucken lässt. Trump fährt immer wieder Attacken auf die Judikative – manche Richter nennt er „Obama-Richter“ und er brüstet sich damit, dem Supreme Court eine konservative, also ihm gewogene Mehrheit verschafft zu haben. Roberts hat zumindest einmal öffentlich gegengehalten und erklärt: „Eine unabhängige Justiz ist etwas, für was wir alle dankbar sein sollten.“

"Bald" will Pelosi die Anklagepunkte übermitteln

Am Donnerstag ließ Pelosi bei ihrer wöchentlichen Pressekonferenz nun erneut eine Chance verstreichen, Auskunft über ihr weiteres Vorgehen zu geben. Nein, sie werde die Anklagepunkte nicht „unbegrenzt“ zurückhalten, sagte sie auf eine entsprechende Frage. „Ich werde sie an den Senat übermitteln, wenn ich soweit bin“, sagte sie. Das werde voraussichtlich „bald“ sein. Pelosi bekräftigte, die Republikaner im Senat müssten erst offenlegen, wie das Verfahren dort geführt werden solle. Mit ihrem Verhalten behinderten sie eine gründliche Betrachtung. „Dokumente, Zeugen, Fakten, Wahrheit – davor haben sie Angst“, sagte die Demokratin. Sie selbst zumindest scheint wenig Angst vor Konflikten zu haben. Auch nicht mit ihrer eigenen Partei.

Vier Parteikollegen werden wohl ganz besonders auf Pelosis weitere Schritte warten: Die Senatoren Elizabeth Warren, Bernie Sanders, Amy Klobuchar und Cory Booker bewerben sich um die demokratische Präsidentschaftskandidatur für die Wahl im November. Sobald das Verfahren im Senat beginnt, haben sie dort Anwesenheitspflicht – statt wie die anderen zehn Bewerber weiter in den frühen Vorwahlstaaten wahlkämpfen zu können.

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