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Syrische Frauen feiern, bei einer Kundgebung, ausgelassen das Ende des Assad-Regimes Assad, nach dem Machtwechsel in Syrien, auf dem Vorplatz des Hauptbahnhofs von Duisburg, NRW, Deutschland.

© imago/Jochen Tack/imago/Jochen Tack

Update

Neue Zahlen in der Debatte um Abschiebungen: Deutlich weniger Menschen aus Syrien kommen, deutlich mehr verlassen Deutschland

Können Syrerinnen und Syrer zurückgeschickt werden? Darüber wird gerade kontrovers diskutiert, insbesondere in der Union. Nun liegen aktuelle Daten des Statistischen Bundesamts vor.

Stand:

In Deutschland wird intensiv darüber diskutiert, ob Menschen aus Syrien in ihre Heimat zurückgeschickt werden können und sollen. Ausgelöst hatte die Debatte zuletzt Johann Wadephul (CDU) der sich nach einem Besuch in Damaskus erschüttert über das Ausmaß der Zerstörungen gezeigt hatte.

Nun liegen aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamts vor. Demnach verlassen nach dem Sturz des Assad-Regimes Ende 2024 immer mehr Menschen aus Syrien die Bundesrepublik freiwillig. Von Januar bis September zogen demnach rund 21.800 syrische Staatsbürger aus Deutschland fort, über ein Drittel mehr als im Vorjahreszeitraum.

Syrer weiter größte Gruppe bei Erstanträgen aus Asyl

Gleichzeitig sank in diesem Zeitraum auch die Zahl der Zuzüge aus Syrien in die Bundesrepublik um 46,5 Prozent von rund 74.500 auf 40.000 Menschen. Die Nettozuwanderung sank damit im besagten Zeitraum auf 18.100, dreimal weniger als im Vorjahr (58.500).

Mit einem Anteil von knapp 22 Prozent blieben syrische Staatsangehörige die größte Gruppe unter den insgesamt 87.800 Menschen, die von Januar bis September 2025 in Deutschland erstmals Asyl beantragten.

Die Zahl der syrischen Schutzsuchenden in Deutschland lag zum Ende des vergangenen Jahres demnach bei rund 713.000. Damit bildeten sie die zweitgrößte Gruppe hinter den ukrainischen Staatsangehörigen. Knapp die Hälfte davon kam in den Jahren vor und bis 2016 und lebt damit schon acht Jahre und mehr in Deutschland.

Schutzsuchende sind Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit, die sich unter Berufung auf völkerrechtliche, humanitäre oder politische Gründe in Deutschland aufhalten.

Die auf vorläufigen Ergebnissen beruhenden Wanderungszahlen bezögen sich auf syrische Staatsangehörige, sagten also nichts über die Gründe oder den etwaigen Asyl- oder Schutzstatus der Menschen aus, erläuterte das Bundesamt.

Rund zwölf Prozent der syrischen Schutzsuchenden sind den Angaben zufolge in der Bundesrepublik geboren. Bei nur etwa einem Prozent der Syrer wurde der Asylstatus abgelehnt; das betrifft etwa 6.600 Menschen, die damit ausreisepflichtig wären. Bei weiteren gut 64.000 ist das Asylverfahren noch offen. Hingegen wurden rund 83.000 Syrerinnen und Syrer im vergangenen Jahr in Deutschland eingebürgert.

Nach fast 14 Jahren Bürgerkrieg hatte eine Rebellenkoalition unter Führung der islamistischen Miliz Haiat Tahrir al-Scham (HTS) im vergangenen Dezember das diktatorische Regime des Präsidenten Baschar al-Assad in Syrien gestürzt. Ende Januar wurde HTS-Anführer Ahmed al-Scharaa zum Interimspräsidenten ernannt.

Union streitet über Aussagen von Wadephul

Wadephul (CDU) hatte sich vor wenigen Tagen bei einem Besuch in dem Land skeptisch geäußert, dass Syrer in großer Zahl in ihr Heimatland zurückkehren können. Diese sei „zum jetzigen Zeitpunkt nur sehr eingeschränkt möglich“, da in Syrien „sehr viel an Infrastruktur“ zerstört sei. Ein menschenwürdiges Leben sei dort kaum möglich.

In den Unionsparteien hatte das teils scharfe Kritik hervorgerufen und war als Abkehr von dem politischen Ziel verstanden worden, syrische Straftäter und sogenannte Gefährder abzuschieben sowie eine freiwillige Rückkehr syrischer Flüchtlinge zu fördern. Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) betonte, an den Plänen für Abschiebungen festhalten zu wollen.

Kanzler Friedrich Merz (CDU) war dann bemüht, die Lage zu entschärfen. Sein Regierungssprecher Stefan Kornelius sagte, „selbstverständlich steht der Bundeskanzler hinter dem Außenminister“. Es gehe momentan darum, die Lage in Syrien zu stabilisieren, um eine Rückführung – also eine Abschiebung von Straftätern und Gefährdern – und die freiwillige Rückkehr von Flüchtlingen möglich zu machen, sagte Kornelius.

Mehr als 1,2 Millionen Syrer mit Einwanderungsgeschichte

Deutlich größer als die Zahl der syrischen Schutzsuchenden ist den Angaben des Statistischen Bundesamt zufolge die der Menschen mit syrischer Einwanderungsgeschichte. Dem Mikrozensus zufolge lebten im vergangenen Jahr in Deutschland etwa 1,22 Millionen Menschen, die selbst oder deren beide Elternteile aus Syrien eingewandert und die hier geboren sind.

Rund ein Viertel von ihnen besaß die deutsche Staatsbürgerschaft, etwa durch Einbürgerung. Der Einbürgerungsstatistik zufolge wurden im vergangenen Jahr rund 83.200 Syrerinnen und Syrer eingebürgert, sie machten mit gut 28 Prozent den größten Anteil an allen Einbürgerungen aus.

Diese Gruppe ist der Statistik zufolge zudem vergleichsweise jung. Ihr Durchschnittsalter lag 2024 mit 26,6 Jahren deutlich unter dem Gesamtschnitt von Personen mit Einwanderungsgeschichte (38,2 Jahre).

Etwa 46 Prozent der rund 845.000 Syrerinnen und Syrer im erwerbsfähigen Alter zwischen 15 und 64 Jahren waren im vergangenen Jahr erwerbstätig, 47 Prozent gingen keiner Erwerbstätigkeit nach, etwa weil sie noch in Ausbildung waren, krankheitsbedingt nicht arbeiten konnten oder keine Arbeitserlaubnis hatten.

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