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„Nicht dauernd den Finanzminister anrufen“: Klingbeil dringt auf Reformen der Sozialversicherungen
Der Finanzminister spricht sich für grundlegende Lösungen aus, um die Kranken- und Pflegekassen zu stabilisieren. Im Zollstreit mit den USA warnt er vor weiteren Provokationen.
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Bundesfinanzminister Lars Klingbeil dringt auf Strukturreformen bei den finanziell immer instabileren Sozialversicherungen. Vor allem bei den Kranken- und Pflegekassen droht ein Beitragssprung, der kurzfristig nur mit höheren Zuschüssen des Bundes vermieden werden kann. „Der Finanzminister kann nicht dauernd angerufen und nach mehr Geld gefragt werden“, sagte der SPD-Vorsitzende der „Bild am Sonntag“.
„Wir brauchen Strukturreformen, um die Beiträge dauerhaft stabil zu halten. Allerdings erwarte ich von allen Verantwortlichen mehr Fantasie als Leistungskürzungen für die Arbeitnehmer.“
Auch die andere Möglichkeit zur schnellen Stabilisierung der Finanzen – eine Anhebung der Beiträge – sieht Klingbeil als „Problem“, wie er erklärte: „Für die Arbeitnehmer, weil sie weniger Geld in der Tasche haben, für Unternehmen, weil sie höhere Lohnkosten haben. Deshalb müssen wir die Beiträge stabilisieren.“
Merz will mehr Eigenverantwortung
Auch Kanzler Friedrich Merz dringt auf grundlegende Reformen der großen Sozialversicherungen für Rente, Gesundheit und Pflege, wie der CDU-Chef bekräftigt hatte. Nötig seien mehr Eigenverantwortung bei der Absicherung und mehr Effizienz des Versicherungssystems.
Laut Koalitionsvertrag sollen zur Finanzstabilisierung der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung zunächst Kommissionen eingesetzt werden. Das aktuelle Rentenniveau von 48 Prozent soll bis 2031 stabilisiert werden. Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) hat für die Pflege einen baldigen Start einer entsprechenden Bund-Länder-Arbeitsgruppe angekündigt.
Das Rentenniveau beschreibt, wie hoch eine Standardrente im Verhältnis zum Durchschnittseinkommen ist. Die Rechengröße sagt aus, wie viel Prozent des aktuellen Durchschnittslohns jemand als Rente erhält, der exakt 45 Jahre lang immer zum Durchschnittslohn gearbeitet hat.
Klingbeil fordert „ernsthafte Verhandlungen im Zollstreit“
Im Zollstreit mit den USA hat Klingbeil ernsthafte Gespräche anstelle von Gegenattacken gefordert. „Wir brauchen jetzt keine weiteren Provokationen, sondern ernsthafte Verhandlungen“, sagte Klingbeil der „Bild am Sonntag“ (BamS) mit Blick auf die Drohung von US-Präsident Donald Trump, ab Juni Zölle in Höhe von 50 Prozent gegen die EU zu verhängen.
Er habe darüber auch mit US-Finanzminister Scott Bessent beraten, betonte Klingbeil. „Die US-Zölle gefährden die amerikanische Wirtschaft mindestens genauso stark wie die deutsche und europäische Wirtschaft. Dieser Handelskonflikt schadet allen und muss schnell beendet werden“, fügte der Bundesfinanzminister hinzu. An die USA gerichtet sendete Klingbeil ein Zeichen des europäischen Zusammenhalts: „Wir sind als Europäer geschlossen und entschlossen, unsere Interessen zu vertreten.“
Trump hatte am Freitag den Zollstreit mit der EU weiter angeheizt, indem er Zölle auf Waren aus der EU in Höhe von 50 Prozent ab dem 1. Juni androhte. Als Grund dafür gab er an, dass die Gespräche mit Brüssel zu dem Thema sich nicht weiterbewegten. Die EU hofft indes eigenen Angaben zufolge weiterhin auf ein Abkommen, das auf „Respekt“ und nicht auf „Drohungen“ basiert. (dpa/AFP)
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