
© Uncredited/Russian Defense Ministry/AP/dpa
Finanzhilfen des Westens: Nicht nur bei den Waffenlieferungen für die Ukraine hakt es
Ein neuer Report zeigt, dass die Auszahlung dringend benötigter Hilfen an Kiew stockt. Mit Blick auf die Wirtschaftskraft der Geber wirken Zusagen knausrig.
Stand:
Um im Krieg gegen Russland bestehen zu können, ist die Ukraine neben Waffen dringend auf finanzielle Hilfen angewiesen. Doch diese stocken. Seit Februar haben die wichtigsten Geber von mehr als 30 Milliarden Euro versprochener Gelder gerade einmal sechs Milliarden tatsächlich ausgezahlt. Das geht aus Berechnungen des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW) hervor. Zuvor hatte die „Welt“ darüber berichtet.
Im sogenannten Ukraine-Tracker erfassen IfW-Forschungsdirektor Christoph Trebesch und sein Team alle militärischen, finanziellen und humanitären Hilfen, die seit dem 24. Januar versprochen wurden. Bisher betrifft das 37 Staaten. Als Quellen dienen Angaben offizieller Regierungsstellen und Berichte internationaler Medien. Private Spenden und Gelder internationaler Organisationen werden nicht berücksichtigt.
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Für die Ukraine sind die Hilfen essentiell. „Der Krieg lässt die Steuereinnahmen einbrechen und verursacht zugleich enorme Kosten, etwa zur Bezahlung der Soldaten oder zur Reparatur essenzieller Infrastruktur“, sagt Trebesch. Die ukrainische Zentralbank sei gezwungen, die Zinsen drastisch zu erhöhen, was die Wirtschaft noch mehr belaste.
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Der Internationale Währungsfonds schätze, dass dem Land so eine Finanzlücke von fünf Milliarden Euro pro Monat entstehe. „Seit Juni entspricht das also mehr als 15 Milliarden Euro an benötigten externen Finanzhilfen“, sagt Trebesch.
Seitens der EU seien die zugesagten Mittel seit Mitte Mai zwar deutlich gestiegen, die USA seien aber mit Abstand weiter größter Geldgeber. So machen die US-Zusagen insgesamt 55 Prozent aller Versprechen aus.
Sorge vor Schuldenberg für Ukraine
Die Finanzhilfe aus der EU bestehe außerdem fast vollständig aus Krediten, stellt das IfW feste. Dadurch entstehe der Ukraine ein großer Schuldenberg. Im Gegensatz dazu hätten die USA vor allem Zuschüsse zugesagt, die nicht zurückgezahlt werden müssten.
Nach den USA ist Großbritannien mit 4,8 Milliarden der zweitwichtigste Geber. Deutschland kommt auf Platz drei mit 3,3 Milliarden und danach Polen mit 2,8 Milliarden.
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Setzt man die Zusagen ins Verhältnis zur Wirtschaftskraft der Länder, leisten die baltischen Staaten und Polen am meisten, deutlich mehr als große europäische Länder wie Deutschland, Italien und Frankreich.
Auch seien die Hilfspakete, welche die Länder für ihre eigenen Bevölkerungen geschnürt haben, um die negativen Folgen des Krieges abzufedern, unverhältnismäßig größer als die Hilfen für Kiew, stellt IfW-Direktor Trebesch in der „Welt“ fest. So habe Deutschland alleine für das Energiepaket seit Beginn des Krieges 16 Milliarden mobilisiert.
Auch die Differenz zwischen zugesagten und tatsächlich gelieferten Waffen ist nach den Berechnungen des IfW teils sehr hoch. Die USA hätten vom Wert bereits rund zehnmal mehr Waffen in die Ukraine geliefert als Deutschland. „Deutschland hat große Zusagen gemacht, aber bisher kaum geliefert“, sagt Trebesch. Nur ein Drittel der konkret zugesagten Militärhilfe sei angekommen. (Tsp/dpa)
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