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NS-Losung verwendet?: Staatsanwaltschaft prüft offenbar Rede bei Gründung der AfD-Jugendorganisation
Die Generation Deutschland tritt die Nachfolge der Jungen Alternative an. Doch bereits beim Gründungstreffen kam es zu einem Vorfall, der strafrechtlich relevant sein könnte.
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Wegen eines möglicherweise strafbaren Vorfalls beim Gründungstreffen der neuen AfD-Jugendorganisation Generation Deutschland soll die Staatsanwaltschaft Gießen Ermittlungen aufgenommen haben. Dem „Spiegel“ zufolge wird geprüft, ob ein Redner eine Losung verwendet hat, die strafrechtlich relevant sein könnte – weil sie aus der Zeit des Nationalsozialismus stammt.
Der schleswig-holsteinische AfD-Politiker Kevin Dorow sagte bei seiner Bewerbungsrede für einen Vorstandsposten: „Wie es Björn Höcke vor wenigen Monaten rezitiert hat, Jugend muss durch Jugend geführt werden, und dieses Prinzip muss unser Leitstern sein.“ Der Ausspruch war ursprünglich in der Bündischen Jugend verbreitet, bevor ihn die NS-Organisation Hitlerjugend für sich vereinnahmte, heißt es in dem Bericht.
Auch der Thüringer AfD-Chef Höcke hatte die Formulierung im August bei X geteilt, den Beitrag aber anschließend gelöscht. Gegenüber dem „Spiegel“ erklärte er, der Satz stamme nicht ursprünglich aus der NS-Zeit, sei aber von der Hitlerjugend übernommen und teilweise missbraucht worden.

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Das Strafgesetzbuch sieht in Paragraf 86a vor, dass die öffentliche Verwendung von Parolen oder Grußformen nationalsozialistischer Organisationen mit bis zu drei Jahren Haft oder einer Geldstrafe geahndet werden kann. Dorow, der 27 Jahre alt ist, wurde beim Gründungsparteitag in den Bundesvorstand der Generation Deutschland gewählt. Auf eine Anfrage des „Spiegel“ habe er nicht reagiert.
Hohm von ganz rechts an die Spitze gewählt
Zum Vorsitzenden der neuen Jugendorganisation wurde Ende November in Gießen mit Jean-Pascal Hohm ein Rechtsaußen-Vertreter der Partei gewählt. Der 28-Jährige gehört dem als gesichert rechtsextremistisch eingestuften brandenburgischen Landesverband an. Er bekam 90,4 Prozent der Stimmen, Gegenkandidaten gab es nicht.
Im Einstufungsvermerk des brandenburgischen Verfassungsschutzes über den dortigen Landesverband taucht Hohm namentlich dutzendfach auf. Er wird in dem Papier mit migrationsfeindlichen und völkischen Thesen zitiert. „Wir werden entschlossen streiten für eine echte Migrationswende, die dafür sorgt, dass Deutschland die Heimat der Deutschen bleibt“, sagte er beim Gründungstreffen.
Verfassungsschutz erwartet keine Mäßigung
Der Verfassungsschutz hält die neue Jugendorganisation der AfD auf den ersten Blick nicht für weniger radikal als die Vorgängerorganisation Junge Alternative. „Was wir sehen, ist schon eine personelle und inhaltliche Kontinuität“, sagte der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), Sinan Selen, kürzlich in Berlin. Mit Blick auf den Übergang von der Jungen Alternative zu der neuen Struktur gelte: „Ich erwarte da keine Überraschungen oder einen Paradigmenwechsel innerhalb dieser Struktur.“
Neu sei lediglich, dass die neue Jugendorganisation in die Struktur der AfD integriert worden sei, „und dementsprechend ist sie auch in diesem Gefüge zu behandeln“, sagte der Verfassungsschutzchef am Rande eines Symposiums seiner Behörde.
Von der Jungen Alternative zur Generation Deutschland
Die Generation Deutschland tritt die Nachfolge der früheren AfD-Jugendorganisation Junge Alternative an. Diese war vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft worden und firmierte weitgehend eigenständig als eingetragener Verein. Somit hätte sie vom Bundesinnenministerium verboten werden können. Die Partei trennte sich im Frühjahr von ihr, die Junge Alternative löste sich daraufhin auf.
Mitglied in der neuen Jugendorganisation kann in der Regel nur noch sein, wer auch in der AfD ist. Die Organisation ist ein „rechtlich unselbstständiger Teil der Partei“, heißt es in der extra dafür geänderten AfD-Satzung. Verstöße gegen Regeln oder Fehlverhalten können somit – anders als zuvor bei der Jungen Alternative – geahndet werden, bis zum Parteiausschluss. Die Generation Deutschland ist nun als offizielle Jugendabteilung enger an die AfD angegliedert, was ein Verbot rechtlich schwieriger macht. (Tsp/dpa/AFP)
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