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Politik: Offensive Abwehr

Alle Beschäftigten der Fußball-WM werden vom Verfassungsschutz überprüft. Datenschützer haben Bedenken

Berlin - Für die Sicherheitsbehörden ist es eines der zentralen Instrumente, mit denen man die Sicherheit der Fußball- Weltmeisterschaft gewährleisten will. Für Datenschützer und Oppositionspolitiker hingegen ist die geplante Massenüberprüfung von WM-Beschäftigten „sehr bedenklich und überzogen“, wie Berlins Datenschutzbeauftragter Alexander Dix sagt.

Aus Sicht des Datenschützers ist es zwar legitim, dass die Polizei Menschen, die Zugang zu sensiblen Bereichen wie den WM-Stadien haben, auf laufende Ermittlungsverfahren in einschlägigen Bereichen hin überprüft, sagt Dix. „Aber dass der Verfassungsschutz beteiligt wird und auch Propagandadelikte überprüft werden, also zum Beispiel, wenn jemand in der Vergangenheit mal radikale politische Flugblätter verteilt hat, liegt an der Grenze des rechtsstaatlich Hinnehmbaren.“ Wenn bei einer Bewerbung ein polizeiliches Führungszeugnis verlangt werde, habe der Betreffende zumindest die Chance, die Angaben erst selbst zu prüfen. Diese Möglichkeit gebe es bei der WM nicht.

Die Grünen im Bundestag sprechen von einem unzulässigen Eingriff in die Grundrechte. „Alleine um Namensverwechslungen auszuschließen, muss es Überprüfungsmöglichkeiten geben“, sagt Wolfgang Wieland, Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion für innere Sicherheit. „Die Menschen haben das Recht zu erfahren, wieso sie als potenzielle Bombenleger eingestuft werden.“

Das Bundesinnenministerium verteidigt die außergewöhnliche Überprüfung, die von den Sicherheitsbehörden angeregt worden sei. „Das ist mehr als sonst üblich – aber die WM ist eben auch eine Großveranstaltung in nie da gewesenen Dimensionen“, sagt ein Sprecher. Auch die rechtlichen Bedenken der Kritiker weist das Ministerium zurück: Jeder potenzielle WM-Beschäftigte stimme der Überprüfung durch Polizei und Verfassungsschutz zuvor auf einem Akkreditierungsformular zu, dadurch stehe die Prüfung auf sicherer juristischer Grundlage. Man entscheide nach realen Sicherheitsbedenken. „Wer vor 20 Jahren in einer WG mit jemandem wohnte, der später Terrorist wurde, wird nicht automatisch ausgesiebt“. Angesichts der großen Zahl von Überprüfungen seien Verwechslungen zwar nicht ganz auszuschließen. Allerdings wolle man deren Zahl durch die genaue Prüfung jedes einzelnen Falles so gering wie möglich halten. Bei einem Probelauf vergangenes Jahr zum Confederations Cup habe es bei einer fünfstelligen Zahl von Überprüften gerade „ein bis zwei“ Ablehnungen gegeben.

Konkrete Hinweise auf terroristische Gefährdungen gebe es derzeit nicht, heißt es beim federführenden Bundeskriminalamt in Wiesbaden. Und auch im Bereich der allgemeinen und organisierten Kriminalität gebe es bisher ebenfalls keine konkreten Anhaltspunkte für „bestimmte Straftaten“.

Bei Bundesligaspielen betreiben die Vereine diesen Aufwand nicht. Bis zu 1200 Leute seien dann im Stadion beschäftigt, sagte der Sprecher von Berlins Bundesligisten Hertha BSC, Hans-Georg Felder. Einzelüberprüfungen der Firmenmitarbeiter gebe es nicht.

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