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Die belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja bei ihrem Besuch in Berlin.

© Kay Nietfeld/dpa

Auszeichnung für Aufstand gegen Lukaschenko: Opposition in Belarus erhält Menschenrechtspreis des EU-Parlaments

Trotz Gewaltandrohung der Regierung um den umstrittenen Präsidenten Lukaschenko laufen die Massenproteste in Belarus. Europa setzt nun ein deutliches Zeichen.

Der renommierte Sacharow-Menschenrechtspreis des Europaparlaments geht in diesem Jahr an die Opposition in Belarus. Das bestätigten Parlamentskreise der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag. Damit ist das EU-Parlament die erste Institution, die die Proteste auf internationaler Ebene mit einer Auszeichnung würdigt.

Die Auszeichnung richte sich an die demokratische Opposition in Belarus vertreten durch den Koordinierungsrat, politische Aktivistinnen wie Swetlana Tichanowskaja und Persönlichkeiten aus der Zivilgesellschaft wie die politisch engagierte Literaturnobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch, erklärte das Europaparlament.

Seit der Präsidentenwahl am 9. August gibt es in Belarus regelmäßig Proteste. Das Land steckt in einer schweren innenpolitischen Krise. Die frühere Fremdsprachenlehrerin Tichanowskaja gilt als Anführerin der Demokratiebewegung. Die 38-Jährige hatte überraschend eine Zulassung zur Präsidentenwahl erhalten, nachdem Machthaber Alexander Lukaschenko ihren Ehemann im Gefängnis hatte einsperren lassen.

Ihr Mann Sergej Tichanowski erhielt ebenso wenig eine Zulassung zur Wahl wie der zum Start des Wahlkampfes inhaftierte Viktor Babariko. Tichanowskaja hatte trotz Drohungen der Behörden kandidiert.

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Mit Babarikos Wahlkampfmanagerin Maria Kolesnikowa und Veronika Zepkalo, der Ehefrau des politisch engagierten IT-Unternehmers Waleri Zepkalo, schlossen sich die Frauen zu einem kämpferischen Trio zusammen. Sie hatten bei ihren Auftritten im Straßenwahlkampf großen Zulauf - trotz massiver Behinderung durch die Behörden.

Die Frauen-Troika mit Tichanowskaja an der Spitze wurde schnell zum Symbol des Widerstands gegen Lukaschenko. Der 66-Jährige ließ sich dann nach 26 Jahren an der Macht zum sechsten Mal in Folge zum Präsidenten ausrufen - mit mehr als 80 Prozent der Stimmen. 

Der umstrittene belorussische Präsident Alexander Lukaschenko - die EU erkennt ihn nicht an.

© Imago

Doch Tichanowskaja zweifelte das Ergebnis an. Ihre Anhänger erklärten sie zur wahren Siegerin, doch wurde die Mutter zweier Kinder zur Ausreise in das EU-Nachbarland Litauen gezwungen. Dort hatte sie aus Angst um die Familie die Kinder im Wahlkampf in Sicherheit bringen lassen.

Auch Zepkalo ging ins Ausland, über Wochen führte die in Stuttgart ausgebildete Musikerin Kolesnikowa die Massenproteste gegen Lukaschenko an. Nach ihrer Entführung durch den Geheimdienst KGB und der gescheiterten Abschiebung in die Ukraine landete die Oppositionsführerin im Gefängnis - wie viele ihrer Mitstreiter.

Seither ist Tichanowskaja die führende Stimme im Exil gegen Lukaschenko. Sie trifft immer wieder auf internationaler Ebene Staats- und Regierungschefs, unter ihnen Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. 

EU erkennt Lukaschenko nicht als Präsidenten an

Die EU erkennt Lukaschenko nicht mehr als Präsidenten an und hat Tichanowskaja und der Demokratiebewegung breite Unterstützung zugesichert. Belarus sieht sie als Gefahr für die nationale Sicherheit und hat die Bürgerrechtlerin deshalb zur Fahndung ausgeschrieben.

Neben der belarussischen Opposition waren auch die ermordete honduranische Aktivistin Berta Cáceres und weitere Umweltaktivisten sowie der Erzbischof der nordirakischen Stadt Mossul, Nadschib Michail Musa, in der engeren Auswahl für die Auszeichnung. Im vergangenen Jahr ging der Menschenrechtspreis an den chinesisch-uigurischen Wirtschaftswissenschaftler und Regierungskritiker Ilham Tohti.

Der Preis selbst wird am 16. Dezember im Rahmen einer Zeremonie im Plenarsaal des Parlaments verliehen. Der Sacharow-Preis wird seit 1988 vom Europäischen Parlament an Persönlichkeiten oder Organisationen verliehen, die sich für die Verteidigung der Menschenrechte und der Meinungsfreiheit einsetzen. (dpa)

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