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Politik: PDS und WASG stimmen für die Linke

Zwei Parteitage beschließen die Fusion / Lafontaine spricht von einem historischen Treffen

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Es ist ein heikles Thema, deshalb sind die drei einflussreichsten Kämpen der WASG wieder rübergeeilt in den Nachbarsaal. Von hinten, mit verschränkten Armen und angespannten Mienen, beobachten Oskar Lafontaine, Ulrich Maurer und Klaus Ernst die aufgeregte Debatte der Linkspartei über die Bedingungen künftiger Regierungsbeteiligungen. Und feixen in einer Mischung aus Besorgnis und Amüsement darüber, dass ihre künftigen Parteifreunde sogar noch über den Satz abstimmen wollen, dass die Linke „nur unter Beachtung ihrer Grundsätze Koalitionen mit anderen Parteien eingehen wollen“. Lafontaine schüttelt den Kopf und pufft WASG-Chef Ernst: „Das wär’s jetzt, wenn die das ablehnen …“

Das tut die Linkspartei dann zwar nicht. Aber das Thema hatte bei den parallel stattfindenden Bundesparteitagen Linkspartei/PDS und WASG in den Dortmunder Westfalenhallen zur einzigen nennenswerten Aufregung über den jeweils anderen Fusionspartner geführt. Ob Ablehnung von bewaffneten Einsätzen unter UN-Mandat, Verdammung von Hartz IV oder die Forderung nach früherer abschlagfreier Rente – überall ließ sich problemlos Übereinstimmung erreichen. Und so war auch die breite Zustimmung der Delegierten beider Parteitage zum Verschmelzungsvertrag folgerichtig – bei der PDS fiel sie mit 97 Prozent noch etwas klarer aus als bei der WASG. Bei der WASG stimmten 88 Prozent zu. Am 16. Juni soll nun auf einem Vereinigungsparteitag in Berlin „Die Linke“ aus der Taufe gehoben werden.

Die Debatte um Anforderungen an rot-rote Koalitionen zeigte, dass es in beiden Parteien noch Misstrauen gibt. Die WASG musste ihre Forderung, dass öffentliches „Eigentum“ nicht privatisiert werden dürfe, auf öffentliche „Daseinsvorsorge“ beschränken. Ihre Chefs nahmen es gelassen. Es sei doch klar, dass zu dieser Daseinsvorsorge auch Sparkassen und Wohnungsbaugesellschaften gehörten, meinte Klaus Ernst mit Blick auf die von Rot-Rot geplanten Privatisierungen in Berlin. Und auch Lafontaine stellte klar, dass er sich hier „nicht verkämpfen“ werde. In der Formulierung sei der Widerstand gegen die Sparkassen-Privatisierung fraglos mit enthalten, denn „wer kein Konto hat, ist kein Bürger heutzutage“. So treffen sich die Flügel: Harald Wolf, als Berliner Wirtschaftssenator einer der Ober-Realos in der PDS, ist mit dem Formelkompromiss „sehr zufrieden“ und nannte ihn „völlig deckungsgleich“ mit der Berliner Koalitionsvereinbarung. Der Beschluss sei „besser als nichts“, gab Sahra Wagenknecht zu, die Wortführerin der Kommunistischen Plattform.

Vor der Zustimmung zum Verschmelzungsvertrag hatten Fraktionschef Gregor Gysi bei der Linkspartei und Lafontaine bei der WASG für das geplante Bündnis geworben. „Wir werden von einer ostdeutschen Partei zu einer bundespolitischen Partei werden“, versicherte Gysi seinen Genossen. Er schwärmte von einem „neuen politischen Angebot“, das „viel mehr“ sei, als es sich die PDS als SED-Nachfolgepartei 1990 habe vorstellen können. Hart und deutlich werde die Linke die Ursachen für das Scheitern des Staatssozialismus benennen, zugleich die Verwerfungen des Kapitalismus betonen und sich so „eine große Zukunft“ eröffnen. Lafontaine nannte das Dortmunder Treffen „historisch“. „Ohne die Gründung der WASG wäre ich nicht zurückgekehrt in die Bundespolitik.“ Nun warb er für das Bündnis mit der Linkspartei, für eine Partei, die in Deutschland die Systemfrage stelle. „Es geht um Millionen, die auf eine neue politische Kraft warten.“

Während Lafontaine und Gysi vor den Delegierten reden, verkaufen die Helfer des Berliner Karl-Liebknecht-Hauses – der alten wie der neuen Parteizentrale – Babystrampler, 15 Euro das Stück. „Mit links gemacht“, steht auf einem. Gysi gefällt der zweite Spruch besser: „Frech wie Oskar.“ Er möchte, dass Lafontaine im Juni neben seinem Amt als Fraktionschef auch Vorsitzender der neuen Partei wird.

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