zum Hauptinhalt

Politik: „Polen ist mit euch“

Kiew - Rot-weiß flattern die Flaggen über den Köpfen der jugendlichen Demonstranten, die durch den Schneematsch in der Kiewer Wulica Michailowska stapfen. „Jusch-tschen-ko - Polen ist mit euch!

Kiew - Rot-weiß flattern die Flaggen über den Köpfen der jugendlichen Demonstranten, die durch den Schneematsch in der Kiewer Wulica Michailowska stapfen. „Jusch-tschen-ko - Polen ist mit euch!", skandieren die etwa hundert Studenten, die zur Unterstützung der ukrainischen Opposition eigens aus Krakau angereist sind. „Wir Polen fühlen uns den Ukrainern verbunden – und haben Ähnliches durchgemacht“, sagt der Politologie-Student Tadeusz.

In kaum einem anderen Land Europas stößt der orangefarbene Aufbruch in Kiew auf ein derartiges Echo wie in Polen. Als erster ausländischer Gast hatte Polens früherer Premier Jerzy Buzek das Podium am Kiewer Unabhängigkeitsplatz bestiegen. „Polen steht an eurer Seite!“ rief der heutige Europa-Abgeordnete dem Publikum zu. An alte Solidarnosc-Zeiten fühlte sich auch Lech Walesa in Kiew erinnert. Er müsse nur noch rasch „etwas in Portugal erledigen“, komme aber so schnell wie möglich zurück, verabschiedete sich der frühere Präsident mit Glanz in den Augen.

An Polens Erfahrungen mit dem Runden Tisch 1989, dessen Beratungen die Demokratisierung des Landes einleitete, erinnerte auch Polens Präsident Aleksander Kwasniewski in Kiew. „Walesa und General Wojciech Jaruzelski haben auch miteinander gesprochen“ – so nötigte der Staatschef die Präsidentschaftsrivalen Viktor Juschtschenko und Viktor Janukowitsch an den Verhandlungstisch. Doch keineswegs bloße Solidarnosc-Nostalgie lässt Warschau in der Ukraine so nachdrücklich Flagge zeigen. Seit 1989 ist Polen an der Schaffung eines Rings befreundeter Pufferstaaten gegen vermeintliches russisches Großmachtstreben interessiert. Polen war denn auch das erste Land, das 1991 die unabhängige Ukraine anerkannte, und müht sich seit Jahren, Kiew den Weg nach Europa zu ebnen. Von einer Aufwertung ihrer Rolle als Mittler im Osten hofft Warschau in der EU auch politisch zu profitieren.

Thomas Roser

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false