zum Hauptinhalt
Die Polizei drängt die Demonstranten in Kiew zurück.

© dpa

Update

Proteste in Ukraine: Polizei stürmt Zentrale von Timoschenkos Partei in Kiew

In der ukrainischen Hauptstadt Kiew hat die Polizei die Zentrale der Vaterlandspartei der inhaftierten Oppositionsführerin Julia Timoschenko gestürmt. Klitschko nimmt derweil das Gesprächsangebot der Regierung an. Die Polizei beginnt mit der Räumung von Barrikaden.

In der Ukraine haben sich Regierung und Opposition am Montag zu Verhandlungen bereiterklärt. Doch ein Sturm auf die Zentrale der oppositionellen Vaterlandspartei der früheren Ministerpräsidentin Julia Timoschenko dämpfte die Hoffnung auf ein rasches Ende der Spannungen. Die Polizei begann zudem mit der Räumung von Barrikaden, die Demonstranten im Regierungsviertel errichtet hatten. Seit Tagen belagern Kritiker von Präsident Viktor Janukowitsch mehrere Regierungsgebäude und das Rathaus in Kiew. Sie fordern seinen Rücktritt, weil er sich überraschend von der EU abgekehrt und Russland zugewandt hatte.

Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton reist am Dienstag zu einer Vermittlungsmission in die Ukraine. Eine Kommissionssprecherin sagte, die EU-Chefdiplomatin wolle sich für eine politische Beilegung der seit Wochen andauernden Krise einsetzen. Im Laufe ihres zweitägigen Besuchs werde sie alle wichtigen Beteiligten auf beiden Seiten sowie Vertreter der Zivilgesellschaft treffen. Am Mittwoch will zudem der französische Außenminister Laurent Fabius den ukrainischen Oppositionsführer Vitali Klitschko treffen. Am Wochenende hatte es erneut Massenproteste gegen Präsident Viktor Janukowitsch gegeben.

Eine Sprecherin von Timoschenkos Vaterlandspartei machte die Polizei für den Übergriff verantwortlich. Die maskierten und bewaffneten Männer hätten einen Server entwendet. Die Polizei erklärte dagegen, sie sei nicht in den Vorfall verwickelt. Die Online-Zeitung “Ukrainska Prawda“ berichtete, die Durchsuchung der Parteizentrale sei das Werk des Staatssicherheitsdienstes SBU. Dieser war zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Timoschenko hatte aus dem Gefängnis heraus zum Protest gegen Janukowitschs russlandfreundliche Politik aufgerufen. Sie wurde 2011 wegen Amtsmissbrauchs verurteilt und sitzt seither in Haft.

Box-Weltmeister Vitali Klitschko, der als Oppositionsführer an Bedeutung gewinnt, rief seine Anhänger auf, standhaft zu bleiben und friedlich ihr Recht zu verteidigen, in einem freien Land zu leben. Die Polizei habe im Süden Kiews begonnen, von Demonstranten errichtete Barrikaden zu räumen, teilte Klitschko mit. “Wenn Blut vergossen wird, ... wird es an den Händen dessen kleben, der die Räumung angeordnet hat - an Janukowitschs Händen“, sagte er. Von Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Polizisten war zunächst nichts bekannt. Im Zentrum der Hauptstadt hat die Polizei mehrere Hundertschaften zusammengezogen. Ihnen standen Tausende Demonstranten gegenüber.

Janukowitsch zeigt sich erstmals empfänglich für Kritik

Vor dem Hintergrund der angespannten Lage in Kiew begrüßte Janukowitsch den Vorschlag seines Amtsvorgängers Leonid Krawtschuk, Gespräche mit der Opposition aufzunehmen. Es war das erste Zeichen dafür, dass der Präsident überhaupt bereit sein könnte, die Kritiker anzuhören. Klitschko erklärte sich unmittelbar danach zu einem Treffen mit Janukowitsch bereit, pochte aber auf den Rücktritt der Regierung. Krawtschuk, der erste Präsident der Ukraine nach dem Zerfall der Sowjetunion, hat die Bildung eines Runden Tisches mit Vertretern von Regierung und Opposition vorgeschlagen.

Trotz dieser vorsichtigen Annäherungsversuche entspannte sich die Lage in Kiew nicht. Hunderte Regierungsgegner blockierten mehrere Zufahrtsstraßen zum Zentrum. “Die Opposition muss hierbleiben und alles tun, um zu verhindern, dass die Polizei eine friedliche Demonstration zerschlägt“, sagte Klitschko der Nachrichtenagentur Reuters. Älteren und gebrechlichen Demonstranten legte er nahe, zu ihrer Sicherheit nach Hause zu gehen. Vor dem von Demonstranten besetzten Rathaus zogen rund 200 Bereitschaftspolizisten auf.

In der vergangenen Woche hatte die Polizei die Besetzer aufgefordert, das Gebäude innerhalb von vier Tagen zu verlassen. Am Freitag hatte ein Treffen des russischen Präsidenten Wladimir Putin mit Janukowitsch Befürchtungen der Opposition genährt, dieser wolle die Ukraine in eine von Russland dominierte Zollunion führen und damit den Abstand zur EU vergrößern. Janukowitsch lehnte im November die Unterzeichnung eines über mehrere Jahre ausgehandelten Freihandelsabkommens mit der EU überraschend ab. (AFP/Reuters)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false