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Portrait Klaus Welle: Neuer Chef des EU-Parlament krempelt alles um

Klaus Welle ist Christdemokrat und sitzt seit kurzem im Chefsessel des Europäischen Parlaments. Und obwohl er eigentlich neutral sein sollte, fürchten seine Mitarbeiter, dass er doch ein wenig zu eifrig ist - und Parteipolitik betreibt.

Offiziell ist der Generalsekretär des Europäischen Parlaments als Verwaltungschef der ranghöchste Beamte des hohen Hauses. Parteipolitisch neutral soll er die organisatorischen Voraussetzungen dafür schaffen, dass das Straßburger EU-Parlament reibungslos seiner Aufgabe als Gesetzgeber und Kontrollinstanz der Brüsseler EU-Kommission nachkommen kann. Doch Klaus Welle, der seit Mitte März auf dem Chefsessel der Parlamentsverwaltung sitzt, ist alles andere als ein grauer Beamter.

Der 44-jährige Nordrhein-Westfale ist ein in der Wolle gefärbter Christdemokrat, der in der CDU und mithilfe der CDU Karriere gemacht hat: Stipendiat der Konrad-Adenauer-Stiftung, Abteilungsleiter für Europa- und Außenpolitik in der Parteizentrale, Generalsekretär der christdemokratischen Europäischen Volkspartei (EVP), Generalsekretär der EVP-Fraktion im Europaparlament. Vor fünf Jahren gelang dem erfahrenen Europaexperten mit der Rückendeckung seiner Partei der Quereinstieg in die oberen Etagen der Brüsseler Parlamentsverwaltung. Als Generaldirektor leitete er die „Internen Politikbereiche“ des EU-Parlaments.

Als Hans-Gert Pöttering 2007 zum Parlamentspräsidenten gewählt wurde, machte der CDU-Politiker seinen Parteifreund zum Chef seines Beraterstabs, im Brüsseler Jargon „Kabinett“ genannt. Immer diskret im Hintergrund zog Klaus Welle die Fäden – und wurde dafür belohnt: Rechtzeitig vor dem Ende der Legislaturperiode positionierte der Parlamentspräsident den Mann seines Vertrauens und seiner Partei auf dem einflussreichen Posten des Generalsekretärs. Das Parlamentspräsidium, in dem alle Fraktionen vertreten sind, widersetzte sich nicht. Welle wurde ernannt.

Seither weht im Generalsekretariat ein anderer Wind, berichten die Beamten in Brüssel und Luxemburg, wo ein Teil des großen Beamtenapparats des EU-Parlaments arbeitet. Der Deutsche krempelt kräftig um. Er will die Restrukturierung der Verwaltung anpacken und Zukunftskonzepte bis ins Jahr 2020 erarbeiten lassen. Im Kreis seiner Mitarbeiter stößt er damit auf Befremden. Viele fürchten einen immer stärkeren Einfluss der beiden großen Parteien auf die Parlamentsverwaltung.

Politischen Einfluss kann der Generalsekretär nämlich sowohl über das Haushaltskonzept des Hauses, das er vorschlägt, als auch über die Personalpolitik ausüben. Für die Gewerkschaft der Parlamentsbeamten ist die Nominierung von vier neuen Direktoren zum ersten Sündenfall des neuen Generaldirektors geworden: „Ein sehr fragwürdiges Verfahren mit einem schwerwiegenden Mangel an Transparenz.“ Für Welles Wunschkandidaten mussten die Regeln verändert werden. Voraussetzung für die Spitzenposten sind jetzt nicht mehr acht Jahre Verwaltungserfahrung, sondern nur noch fünf Jahre Arbeit in der Parlamentsverwaltung oder in einer Fraktion.

Damit wurden die Eingangshürden für die Deutsche Katrin Ruhrmann gesenkt, die bisher Sprecherin Pötterings war und jetzt Direktorin für Kommunikation werden soll. Um die Zustimmung auch der Sozialisten für seine Personalpolitik zu erhalten, geht Welle streng nach Proporz vor: Den zweite Direktorenposten für Kommunikation soll Susanne Oberhauser bekommen, die bisher für die Fraktion der Sozialisten arbeitete. „Die Felle werden unter den beiden großen Parteien verteilt. Welle politisiert die Verwaltung“, beklagt ein erfahrener Parlamentsbeamter. Pikant: Kenner der Interna berichten, Oberhauser sei die Lebensgefährtin des stellvertretenden Generalsekretärs. Bei aller Kritik erreicht der neue Generalsekretär, so meinen andere, mit seiner Personalpolitik immerhin eines: Die Frauenquote bei den Spitzenposten steigt von 26 auf 40 Prozent.

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