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Die künftigen Konkurrenten: Bodo Ramelow (links) und Mike Mohring.

© dpa

Vor der Entscheidung in Thüringen: Ramelow und Mohring - die künftigen Duellanten in Erfurt

Der gläubige Sozialist Bodo Ramelow und der wendige Konservative Mike Mohring - sie sind künftig wohl die starken Männer der Thüringer Politik. Diesen Freitag entscheidet sich, in welchen Rollen sie agieren werden.

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Die Tinte unter dem Koalitionsvertrag, den Linke, SPD und Grüne eben unterzeichnet haben, ist noch nicht richtig trocken. Und ein entspannter Bodo Ramelow sitzt am Donnerstag in seinem Büro im Erfurter Landtag, vor sich eine Tasse Tee mit Werbebotschaft für ihn selbst, darauf die Aufschrift „Echt heiß“. Vor dem entscheidenden Tag, an dem er zum Ministerpräsidenten von Thüringen gewählt werden soll, hat er nach eigener Einschätzung mit seinen Genossen und politischen Partnern alles bestens vorbereitet. „Erster Wahlgang. Gewonnen“, verkündet er seine Prognose.

„So Gott will“, fügt der gläubige Ramelow an, werden alle 46 Abgeordneten der drei potenziellen Regierungsparteien am Freitag im Landtag sein. So nicht Eis auf den Straßen Thüringens „Katastrophen auslöst“, wie der bisherige Linken-Fraktionschef sagt. Den eigenen Abgeordneten hat er geraten, nicht mehr mit dem Auto zu fahren und in Erfurt zu übernachten. Keiner darf fehlen, Rot-Rot-Grün hat nur eine Stimme Mehrheit. Seinen Sieg nimmt er dennoch vorweg: „Die CDU lernt jetzt Opposition“, sagt Ramelow.

Das Verhältnis zwischen ihnen ist nicht herzlich, sondern sachlich

Die CDU – das ist künftig vor allem Fraktionschef Mike Mohring. Zwar wird die Union, wie es sich am Donnerstag abzeichnete, bei einem möglichen dritten Wahlgang nicht ihn gegen Ramelow ins Rennen schicken wird, sondern den parteilosen Ex-Uni-Rektor Klaus Dicke aus Jena. Doch Mohring ist die neue Hauptperson der Thüringen-CDU. Zur bisherigen Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht hat Ramelow nach eigenen Worten ein „persönliches Sympathieverhältnis“. Zwischen ihm und Mohring ist es anders, sachlicher. „Wir haben unsere Handynummern“, sagt der Linke. „Wir haben uns in kritischen Situationen auch ausgetauscht.“ Böse Worte über den Mann, der voraussichtlich der künftige CDU-Landesvorsitzende wird, vermeidet er.

Mohring indes lässt keinen Zweifel daran, was er an diesem Freitag für den Auftrag seiner CDU hält, die seit 24 Jahren den Freistaat regiert: „Unser Ziel ist klar: Wir wollen verhindern, dass Bodo Ramelow Ministerpräsident in Thüringen wird“, sagt er im Deutschlandfunk. Der SPD wirft er einen „Tabubruch“ vor, weil sie mit den Linken koaliere. Wer sich durchsetzt – Ramelow mit seiner Zuversicht oder Mohring mit seinem Beharrungswillen – wird sich am Vormittag zeigen. Bis dahin heißt es Abwarten – und Tee trinken.

Mohring, den die „Zeit“ für einen „der schillerndsten Politiker im Osten“ hält, wird in jedem Fall gewinnen. Selbst dann, wenn die CDU in die Opposition muss. Nach fünf Jahren mit Sticheleien und Bosheiten ist er Lieberknecht nun endlich los. In einem letzten Akt der Selbstbehauptung hat die CDU-Frau diese Woche darauf verzichtet, noch einmal für das Amt der Ministerpräsidentin zu kandidieren. Das Mohring-Lager hatte sie dazu aufgefordert, ihre zu erwartende Niederlage vor Augen.

Der Choleriker trifft auf einen Spieler

Vom Typ her sind Ramelow und Mohring sehr verschieden. Erst recht, nachdem sich der Linken-Politiker im Wahlkampf sehr zurückgenommen hat und mehr noch danach, als das Regierungschef-Amt greifbarer wurde. Trotzdem lauert in Ramelow noch immer ein rechthaberischer Choleriker, der glaubt, stets etwas beweisen zu müssen. Mohring dagegen ist ein Spieler, dem Prinzipien offenbar nicht sonderlich viel bedeuten. Hauptsache, es ist Leben in der Bude – und er steht in der Zeitung.

„Politik ist immer ein Spiel“, zitiert ihn die „Zeit“. „Man muss auch überdrehen.“ Unter seinem Ziehvater Dieter Althaus, dem vormaligen Ministerpräsidenten, gab sich Mohring als Modernisierer. Dann wechselte er in die Rolle des Konservativen. Die Nachdenklichen in der Thüringer CDU fragen sich schon, wohin das führen soll, wenn man in die Opposition muss. „Ich bin für gesunden Populismus“, sagt Mohring. Rückt er demnach weiter nach Rechts, näher an die AfD?

So weit ging bisher schon seine Tändelei mit der AfD, dass deren Fraktionschef Björn Höcke ihn sogar als „jungen Stürmer“, der voll im Saft stehe, als Ministerpräsidenten-Kandidaten empfahl. AfD-Fraktionsvize Stephan Brandner hingegen nannte Mohring in der Thüringer Allgemeinen einen „aalglatten Karrieristen“. Zum ersten großen Duell Mohring gegen Ramelow wird es am Freitag voraussichtlich noch nicht kommen. Der Christdemokrat will wohl nicht als Verlierer vom Platz gehen, deshalb werden nun andere Gegenkandidaten lanciert. Außerdem wäre es nach dem heftigen Gegenwind aus der Bundes-CDU heikel für Mohring, auf die Schützenhilfe der AfD angewiesen zu sein. „Das wäre eine Entscheidung der CDU, die sie bitter bereuen würde“, warnt auch der Grünen-Landeschef Dieter Lauinger.

Ramelow will mehr Dialog: Wir werden auf die Akteure zugehen

Verändert sich das Klima in Thüringen unter einem Regierungschef Ramelow? „Jetzt wird es erst einmal kälter“, witzelt der Linke. „Danach kommen dann wieder die blühenden Landschaften, von denen Herr Kohl sprach.“ Wichtig ist ihm aber doch, dass es künftig mehr Bürgerbeteiligung geben soll, mehr Dialog: „Wirklich ändern wird sich, dass wir auf die Akteure zugehen werden.“ Das sind hehre Absichten, die bald schon auf eine eiskalte Opposition stoßen könnten. In SPD-Kreisen erzählt man sich schaudernd, was Mohring jüngst bei einer Veranstaltung gesagt haben soll: „Wir treiben die Bande vor uns her.“ Gemeint war Rot-Rot-Grün.

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