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Weniger Angriffe. In den ersten drei Monaten 2021 ist die Zahl der rechten Attacken auf Geflüchtete deutlich gesunken. Im Bild eine Unterkunft in Thüringen

© Sebastian Kahnert/dpa

Exklusiv

Rassistische Attacken: Deutlicher Rückgang bei Angriffen auf Geflüchtete

Coronakrise und Lockdown bremsen 2021 offenbar rassistische Angriffe auf Asylbewerber. Auch rechte Aufmärsche und Musikveranstaltungen lassen nach.

Von Frank Jansen

Rassistische Angriffe auf Geflüchtete haben in diesem Jahr offenbar nachgelassen. Die Polizei registrierte nach vorläufigen Erkenntnissen bundesweit von Januar bis Ende März insgesamt 171 Attacken auf Asylbewerber außerhalb von Unterkünften und 17 Angriffe auf Heime. Die 188 Straftaten bedeuten einen beträchtlichen Rückgang gegenüber dem ersten Quartal 2020. Damals hatte die Polizei 488 Vorfälle gemeldet. Die Zahlen sind einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Kleine Anfrage der Linken-Abgeordneten Ulla Jelpke und ihrer Fraktion zu entnehmen. Das Papier liegt dem Tagesspiegel vor.

Die Zahlen werden vermutlich jedoch noch steigen, da die Polizei erfahrungsgemäß viele Delikte nachmeldet. Dass die Angriffe aber noch den hohen Stand des ersten Quartals 2020 erreichen, ist angesichts der enormen Differenz wenig wahrscheinlich. Ulla Jelpke sagte dem Tagesspiegel, „jeder rassistische Angriff auf Geflüchtete ist einer zuviel. Und dennoch wäre es eine gute Nachricht, wenn die Zahlen der vierteljährlichen Straftaten gegen Geflüchtete auf die von der Bundesregierung angegeben 188 zurückgegangen wären.“ Wegen der zu erwartenden Nachmeldungen ist aus Sicht von Jelpke allerdings eine „zeitnahe Einschätzung der Gefährdung“ noch nicht möglich. Offen bleibt zudem, ob der Rückgang der Attacken nur eine zweitweise Erscheinung ist, die sich auf den Lockdown zurückführen lässt.

Nur 19 rechte Demonstrationen im ersten Quartal 2021

Ein Rückgang ist in diesem Jahr auch bei Aufmärschen von Neonazis, Pegida und anderen Rechtsextremisten zu beobachten. Das Innenministerium berichtet, ebenfalls auf Anfrage von Ulla Jelpke, für die Zeit von Januar bis Ende März von 19 Demonstrationen mit insgesamt knapp 1400 Teilnehmern. Im ersten Quartal 2020 waren es 22 Aufmärsche, an denen sich rund 9500 Rechte beteiligten.

Gesunken ist zudem die Zahl der rechten Musikveranstaltungen, nach denen Jelpke auch gefragt hat. Nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden gab es von Januar bis März nur zwei Liederabende und vier weitere Veranstaltungen, bei denen auch rechtsextreme Musiker auftraten. Die Besucherzahl lag bei knapp 140. Dagegen stellten Polizei und Verfassungsschutz im ersten Quartal 2020 insgesamt 47 Rechtsrock-Konzerte und weitere Musikveranstaltungen mit zusammen mehr als 2500 Teilnehmern fest.

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Weniger deutlich ist hingegen die erste vorläufige Bilanz der Polizei zu rechten Straftaten insgesamt. Von Januar bis März wurden 3467 rechte Delikte mit 123 Gewalttaten festgestellt. Im ersten Quartal 2020 waren es 3790 Straftaten, darunter 154 Gewaltdelikte. Das geht aus den Antworten des Innenministeriums zu Anfragen von Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke) und ihrer Fraktion hervor. Auch diese Angaben liegen dem Tagesspiegel vor. Die aktuellen Zahlen werden jedoch wegen der auch hier wahrscheinlichen Nachmeldungen noch steigen.

Das gilt ebenso für eine erste Bilanz zu antisemitischer Kriminalität, nach der Pau gefragt hatte. Das Ministerium berichtet jetzt von 428 judenfeindlichen Delikten mit sechs Gewalttaten in der Zeit von Januar bis März. In den Zahlen sind allerdings fast keine Nachmeldungen enthalten. Deshalb ist der Vergleich mit dem ersten Quartal 2020 schwierig. Die Polizei sprach damals zunächst von 287 antisemitischen Straftaten mit sieben Gewaltdelikten. Am Ende des Jahres, als viele Nachmeldungen erfasst waren, stieg die Zahl der antisemitischen Straftaten aus den Monaten Januar bis März 2020 auf insgesamt 711, darunter 18 Gewaltdelikte.

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