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Fumio Kishida, Premierminister von Japan und Vorsitzender der Liberaldemokratischen Partei (LDP).

© Toru Hanai/dpa

Update

Land wählt nach Attentat auf Abe politische Stabilität: Regierende LDP gewinnt Oberhauswahl in Japan

Die Regierungskoalition sichert sich eine komfortable Mehrheit. Der tödliche Angriff auf Ex-Premier Abe war ein beherrschendes Thema der Wahl.

Zwei Tage nach dem tödlichen Attentat auf Shinzo Abe hat die Partei des früheren Ministerpräsidenten die Oberhauswahl in Japan gewonnen. Die regierende Liberaldemokratische Partei (LDP) sicherte sich bei der Wahl vom Sonntag auch ohne ihren Koalitionspartner Komeito die alleinige Mehrheit, wie japanische Medien am Montag nach Auszählung aller Stimmen berichteten.

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Demnach kam die Partei von Ministerpräsident Fumio Kishida auf 63 der 125 zur Wahl stehenden Sitze in der Parlamentskammer. Zusammen sicherten sich die LDP und ihr Koalitionspartner Komeito mehr als 75 Sitze, wie es weiter hieß.

Bei dem Urnengang wurden 125 der 248 Sitze im Oberhaus neu vergeben. Mehr als 500 Kandidatinnen und Kandidaten traten an. Die Wahlbeteiligung lag zwar mit 52 Prozent knapp über der der vorherigen Wahl, ist aber dennoch eine der bisher niedrigsten. Dass die regierende Koalition von Kishida bei der Wahl siegen würde, war schon vor dem Attentat erwartet worden.

Der Urnengang wurde vom Tod des bis zuletzt sehr einflussreichen Ex-Regierungschefs überschattet. Die Sicherheitsvorkehrungen während der Wahl lagen am Sonntag auf normalen Niveau, beim Urnengang war der tödliche Angriff aber ein beherrschendes Thema. „Dies ist ein demokratisches Land und ich verachte den Einsatz von Gewalt, um jemanden zu beseitigen“, sagte etwa der 79-jährige Takao Sueki.

Wahlen trotz Attentat auf Ex-Ministerpräsidenten

Abe hatte am Freitag einen Wahlkampfauftritt zur Unterstützung eines LDP-Parteikollegen in der westjapanischen Stadt Nara absolviert, als er niedergeschossen wurde. Wenige Stunden später wurde der 67-Jährige im Krankenhaus für tot erklärt. Die Gewalttat, die von einem 41-jährigen Arbeitslosen begangen wurde, sorgte im In- und Ausland für Entsetzen.

Regierungschef Kishida hielt trotzdem am Termin für die Wahl zum Oberhaus fest. „Wir dürfen auf keinen Fall dulden, dass während einer Wahl Gewalt eingesetzt wird, um die Meinungsäußerung zu unterdrücken“, erklärte er am Samstag. Er habe „eine Verantwortung, diese Oberhauswahlen auf freie, gerechte und sichere Weise abzuschließen.

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Für die kommenden drei Jahre sind keine weiteren landesweiten Wahlen in Japan geplant. Allerdings muss Kishida mit Herausforderungen wie steigenden Preisen und Energieengpässen fertig werden.

Abes Leichnam war am Samstag nach Tokio gebracht worden. Nach Angaben von seinem Büro ist für Montagabend eine Totenwache geplant. Die Beisetzung des früheren Regierungschefs soll am Dienstag in kleinem Kreis mit Angehörigen und engen Freunden stattfinden. Örtlichen Medien zufolge werden Totenwache und Trauerfeier im Zojoji-Tempel in Tokio ausgerichtet. US-Außenminister Antony Blinken, der sich derzeit in Asien aufhält, hat für Montag einen Kondolenzbesuch in Japan angekündigt.

Außenministerin Baerbock zur Zeit in Japan

Auch Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) besuchte das Land, die Reise war jedoch bereits vor Abes Tod geplant. Bei den politischen Gesprächen am Montag betonten Deutschland und Japan vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine die Bedeutung des Einsatzes für eine regelbasierte internationale Zusammenarbeit. Baerbock dankte Japan zu Beginn ihres Antrittsbesuches bei ihrem japanischen Amtskollegen Yoshimasa Hayashi in Tokio für die Unterstützung Europas im Kampf gegen die Verletzung internationalen Rechts durch Moskau. Auch Hayashi betonte die Bedeutung der Stärkung der regelbasierten internationalen Zusammenarbeit.

Baerbock drückte nach dem tödlichen Attentat auf den früheren japanischen Ministerpräsidenten Shinzo Abe am Freitag erneut ihr Beileid aus. Die ganze Bundesregierung und auch die Bevölkerung stehe in dieser schwierigen Zeit an der Seite Japans, dessen Bevölkerung und der Familie Abes, sagte die Ministerin.

Ein Porträt des erschossenen ehemaligen Ministerpräsidenten Abe Shinzo.

© IMAGO

Baerbock war bereits am Sonntag nach Japan gereist und besuchte zunächst das Atombombenmuseum in Nagasaki. Am Montagnachmittag wollte Baerbock einen japanischen Flottenstützpunkt besuchen. Zudem war ein Besuch des Stützpunktes der 7. US-Flotte in Yokosuka geplant. Die Ministerin sollte von dessen Kommandeur, Vizeadmiral Karl Thomas, empfangen werden.

Auch Blinken in Tokio

Wie Baerbock war auch ihr US-Amtskollege Antony Blinken nach Japan gereist. In der US-Botschaft in Tokio hielt er am Montag nach Angaben eines Ministeriumsvertreters zusammen mit den Mitarbeitern eine Schweigeminute für den ermordeten Abe ab. Im Anschluss war ein Treffen mit Japans Regierungschef Fumio Kishida geplant.

Abe war der japanische Ministerpräsident mit der längsten Regierungszeit. Er vertrat nationalistische Positionen und wollte Japans pazifistische Verfassung ändern. Seine auf Konjunkturprogramme und Deregulierung setzende Wirtschaftspolitik wurde als „Abenomics“ bekannt.

Der Attentäter, der sofort nach der Tat am Freitag festgenommen wurde, hat nach Polizeiangaben in seinem Geständnis angegeben, dass er „einen Groll gegen eine bestimmte Organisation hege“ und glaubte, Abe habe eine Verbindung zu ihr gehabt. Den Namen der Organisation nannte die Polizei nicht.

Japanischen Medien zufolge soll es sich um eine religiöse Gruppe handeln. Die Familie des Attentäters war demnach wegen Spenden seiner Mutter an diese Gruppe in finanzielle Schwierigkeiten geraten.

Für das Attentat hatte der 41-jährige Täter eine offenbar selbst gebaute Waffe verwendet. Der zuständige Polizeichef der Präfektur Nara, Tomoaki Onizuka, räumte Versäumnisse beim Schutz von Abe ein und sagte „eine gründliche Untersuchung" der Fehler zu. (AFP, dpa)
[Anmerkung der Redaktion: In einer ersten Version des Textes hieß es, die Regierungspartei käme alleine auf 70 bis 83 Sitze. Das wurde korrigiert.]

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