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Politik: Rinderwahnsinn: Auch scheinbar gesunde Rinder können BSE übertragen

Die Gefahr eines "Artensprungs" bei BSE ist höher als bislang angenommen. Britische Wissenschaftler fürchten, dass die Erreger nicht nur durch das Fleisch von Rindern, sondern auch von Schweinen, Schafen und Geflügel auf Menschen übertragen werden können, wo sie aller Wahrscheinlichkeit nach die neue Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJK) auslösen.

Die Gefahr eines "Artensprungs" bei BSE ist höher als bislang angenommen. Britische Wissenschaftler fürchten, dass die Erreger nicht nur durch das Fleisch von Rindern, sondern auch von Schweinen, Schafen und Geflügel auf Menschen übertragen werden können, wo sie aller Wahrscheinlichkeit nach die neue Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJK) auslösen. Dabei brauchen die BSE-befallenen Tiere selber keine Symptome der Krankheit zu zeigen. Eine Übertragung zwischen Menschen sei auch durch chirurgische Instrumente möglich, da die herkömmlichen Sterilisierungstechniken CJK-Erreger nicht abtöten.

Zu diesen neuen Erkenntnissen kam Professor John Collinge im Auftrag des britischen Forschungsrates für Medizin. Collinge ist auch Mitglied des BSE-Beratungsgremiums der Regierung. Sein Forschungsteam beschäftigte sich an der medizinischen Hochschule in London mit der Untersuchung von "Prionen". Diese abartigen Eiweißverbindungen nisten sich im zentralen Nervensystem ein und lösen BSE und deren menschliche Form nCJK aus.

Bislang wurde angenommen, dass "Artenbarrieren" die Übertragung von einer Spezies zur anderen verhindern. Professor Collinge widerlegte jedoch die Annahme, dass zwischen Hamstern und Mäusen eine besonders hohe "Artenbarriere" herrscht. Die Wissenschaftler injizierten BSE-Erreger aus den Gehirnen der Hamster in die Gehirne von Mäusen. Diese entwickelten zwar die Prione, zeigten jedoch auch im hohen Alter keinerlei Symptome der Krankheit. Aber als die Forscher aus den Gehirnen dieser Mäuse Material in die Gehirne anderer Mäuse und Hamster übertrugen, starben diese an BSE. Die Wissenschaftler schließen daraus, dass sich neue Formen von Prionen bildeten, die das Immunsystem durchbrechen.

Demnach ist es unerheblich, ob die Träger des BSE-Erregers selbst erkranken. Das macht die Eindämmung der Rinderseuche so schwierig, da auch scheinbar gesunde Tiere ein Übertragungsrisiko darstellen können, wenn nicht in jedem einzelnen Fall eine genaue Untersuchung ihres Gehirns nach der Schlachtung stattfindet. Ebenso könnten theoretisch auch Schweine, Schafe und Hühner die Erreger in sich tragen, ohne selbst die Symptome zu zeigen. Außerdem könnte die Krankheit bei Operationen übertragen werden. Daher empfehlen die Wissenschaftler, Skalpelle und Bohrer nur ein Mal zu verwenden.

Die neuen Forschungsergebnisse könnten auch die Kausalkette zwischen BSE und nCJK erhärten. Seit über 200 Jahren ist die BSE-ähnliche Krankheit "Scrapie" bei Schafen in Großbritannien bekannt. Doch trotz des Verzehrs von Schaffleisch hatte sich in dieser Zeit keine menschliche Variante gezeigt. Dies änderte sich in den 80er Jahren, als aufbereitete Schafabfälle an Kühe verfüttert wurden, bei denen darauf die Epidemie des "Rinderwahnsinns" ausbrach. Im gleichen Zeitraum wurden die ersten Fälle der neuen Form von Creutzfeldt-Jakob bei Menschen festgestellt. Bislang starben daran in Großbritannien 70 Menschen, bei weiteren neun zeigen sich bereits die Symptome. Wissenschaftler schätzen, dass bei einer Inkubationszeit von fünfzehn bis dreißig Jahren die Zahl der Opfer jährlich um 20 bis 30 Prozent zunimmt. Nach einer Prognose der Universität Oxford muss schlimmstenfalls mit dem Tode von insgesamt 136 000 Menschen gerechnet werden.

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