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Ein Bewohner der größten Roma-Siedlung der Slowakei bei Kosice während des Besuchs von Papst Franziskus im vergangenen Jahr.

© Foto: Imago/CTK/Roman Vondrous

Armut und Diskriminierung: Lage der Roma in Europa bleibt verzweifelt

Die EU-Grundrechteagentur schlägt Alarm: In den letzten Jahren haben sich die Lebensbedingungen der europäischen Sinti und Roma praktisch nicht verbessert

In den vergangenen Jahren hat die EU immer wieder die Lage der Sinti und Roma in den Mitgliedsstaaten gemessen, so 2008, 2011, 2016 und 2019. Mit dem immer ähnlichen bis gleichen Ergebnis, das der aktuelle Bericht bestätigt: Die Lebensbedingungen von Europas größter – und am meisten diskriminierter – Minderheit verbessern sich in sehr kleinen Schritten und teils gar nicht.

Auch in ihrem jüngsten, am Dienstag veröffentlichten Bericht, stellt die EU-Grundrechteagentur (FRA) fest, dass immer noch 80 Prozent der Angehörigen der Minderheit in Europa in Armut leben – keineswegs nur in den Balkanländern, wo sie bis zu einem knappen Zehntel der Bevölkerung stellen.

Der Direktor der in Wien ansässigen Agentur, Michael O’Flaherty, sprach am Dienstag von einem „schockierenden Ausmaß an Mangel, Randständigkeit und Diskriminierung“, die die Roma in Europa erlitten. Dies zeige, dass „EU- und nationale Gesetze und Politik die Menschenrechtssituation der Roma so verbesserten, dass sich ihr Leben verbessern kann“.

Auch die Ausrufung der europäischen Roma-Dekade 2005 hat daran offensichtlich wenig geändert. Seit 2011 sind die Mitgliedsländer auch verpflichtet, der EU-Kommission in Brüssel über Fortschritte der Integration der Minderheit zu berichten, also vor allem über Verbesserungen ihrer Wohnsituation, ihrer Chancen auf dem ersten Arbeitsmarkt, des Schulbesuchs von Kindern und der Beteiligung an höherer Bildung.

Die neueste Zahl über die Armut der Roma ist die alte, es gebe „keine Verbesserung gegenüber dem zuvor gemessenen Zustand“, schreibt die FRA in ihrem Bericht.

Dem Armutsrisiko von 80 Prozent in der Minderheit steht eines von 17 Prozent in der Durchschnittsbevölkerung in Europa gegenüber. Die Lebenserwartung von Romn:ja liegt ganze elf Jahre unter der, auf die Menschen der Durchschnittsbevölkerung hoffen können.

In Slums leben neun Prozent weniger – ein Fortschritt

Wie die EU-Agentur in ihrer Befragung in Roma-Haushalten außerdem herausfand, lebt mehr als ein Fünftel von ihnen (22 Prozent) ohne fließendes Wasser, ein Drittel hat keine Innentoilette.

Einen Fortschritt allerdings verzeichnet der Bericht: In Slumbehausungen leben inzwischen weniger Menschen als noch vor fünf Jahren: Damals waren es 61 Prozent der Roma, heute ist der Anteil auf 52 Prozent gefallen.

Warum erleben Roma quer durch Europa nach wie vor Mangel, Randständigkeit und Diskriminierung in diesem schockierenden Ausmaß?

Michael O’Flaherty, Direktor der EU-Grundrechteagentur

Deprimierend auch die Zahlen über die Lage ihrer Kinder: Fast ein Drittel von ihnen (29 Prozent) lebt in Haushalten, wo es nicht einmal genug zu essen gibt. Die Interviewer:innen fragten konkret danach, ob es im Monat vor der Frage jemanden im Haushalt gegeben habe, der oder die abends hungrig zu Bett ging.

Auch die Zahl der Kinder, die die Grundschule besuchen, ist praktisch gleich geblieben: Es sind 44 Prozent der Roma-Kinder im Vergleich zu einer mehr als doppelt so hohen Zahl im Durchschnitt der Bevölkerung. Von den Erwachsenen haben 43 Prozent bezahlte Arbeit.

Der europäische Durchschnitt liegt bei 72 Prozent (Stand 2020). Ein Viertel der Befragten berichtete über Diskriminierung im Alltag im vergangenen Jahr, sei es auf der Suche nach Arbeit, einer Unterkunft, medizinischer Versorgung oder in Bildungseinrichtungen.

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