Politik: Ruck nach rechts
Max Otte als Vorsitzender spaltet die „Werte-Union“.
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Berlin - Ob der Vorgang für Armin Laschet zum Problem wird oder dem CDU-Chef und Kanzlerkandidaten im Gegenteil eins vom Hals schafft, ist noch nicht ausgemacht. Klar ist nur, dass der in der „Werte-Union“ organisierte rechte Rand der CDU sich mit einer Personalentscheidung weiter nach rechts manövriert hat. Seit Samstagabend ist Max Otte neuer Vorsitzender der von der Partei nicht anerkannten Organisation. Der 56-jährige Ökonom saß bis vor kurzem im Kuratorium der AfD-nahen Desiderius-Erasmus–Stiftung. Er hat auch sonst wenig Berührungsängste nach Rechtsaußen. So wenige, dass seine Wahl bei der Hauptversammlung in Fulda selbst in der Werte-Union für Aufruhr sorgt.
Die hätte Otte 2019 schon einmal fast rausgeworfen, als er nach dem Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke von Hetze gegen eine „rechte Szene“ twitterte, „was immer das ist“. Der damalige Werte-Union-Chef Alexander Mitsch ging scharf auf Distanz, Otte löschte danach den Tweet und entschuldigte sich bei Lübckes Familie.
Mitsch trat jetzt nicht mehr zur Wahl an. Seine Nachfolge kommentierte er gegenüber der dpa mit dem Satz: „Ich bin sicher, dass die große Mehrheit der Mitglieder weiterhin zwar eine Politikwende, aber keine Zusammenarbeit mit der AfD oder Linken will.“ Mit der Wahl Ottes verträgt sich das aber nicht. Der hatte 2020 dem damaligen Vorsitzenden in Sachen AfD-Kooperation ausdrücklich widersprochen: „Mit wem soll die Werte-Union sonst zusammenarbeiten?“ Otte ist im Rechtsmilieu vernetzt, bezeichnet Friedrich Merz als „Cheflobbyist der Wall Street“ und tritt auch schon mal bei einer „Querdenken“-Demo als Redner auf.
Für die Werte- Union mit ihren etwa 4000 Mitgliedern könnte Ottes Wahl zur Spaltung führen. Die unterlegene Kandidatin Juliane Ried (CSU) hatte zuletzt einen Artikel des Berliners Philipp Lengsfeld gepostet. Der prophezeite, mit einem Vorsitzenden Otte führe der Weg des Vereins weg vom Versuch, die Partei auf einen anderen Kurs zu bringen, zur Radikalisierung und aus der CDU heraus.
Amtlich äußert sich die Partei nicht zu dem Vorgang – der Verein sei nicht Teil der Partei. Laschet hatte ihn kürzlich als „suspekt“ bezeichnet, was zugleich als verdeckte Distanzierung vom prominentesten Mitglied der „Werte-Union“ verstanden werden sollte, dem Ex-Verfassungsschutzchef und Thüringer CDU-Direktkandidaten Hans-Georg Maaßen. Junge-Union-Chef Tilman Kuban dürfte aber für die gesamte Parteiführung sprechen, als er twitterte, die Selbstauflösung wäre der richtige Schritt: „Das hat mit CDU nichts mehr zu tun.“ Für die politische Konkurrenz ist der Vorgang ein gefundenes Fressen. Die AfD gratulierte, SPD, Grüne, Linke und FDP forderten Konsequenzen. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil verlangte von Laschet den Parteiausschluss aller, die „der AfD die Hand ausstrecken“. Robert Birnbaum
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