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Der Anwalt des mutmaßlichen islamistischen Terroristen Salah Abdeslam, Sven Mary, wartet auf den Prozessbeginn.

© Emmanuel Dunand/dpa

Update

Salah Abdeslam: Mutmaßlicher Paris-Attentäter verweigert die Aussage

Salah Abdeslam steht zunächst wegen verletzter Polizisten in Belgien vor Gericht. Der Franzose soll zur Terrorzelle gehören, im November 2015 in Paris 130 Menschen tötete.

Unter enormen Sicherheitsvorkehrungen hat in Brüssel der Prozess gegen den einzigen überlebenden mutmaßlichen Attentäter der Anschläge von Paris im November 2015, Salah Abdeslam, begonnen. Zum Auftakt hat der 28-Jährige die Aussage verweigert. „Ich möchte nicht auf Fragen antworten“, sagte er am Montag auf Fragen des Gerichts. Sein Schweigen bedeute nicht, dass er kriminell sei. „Das ist meine Verteidigung“, sagte er. Die Richter sollten ihn nach eigenem Ermessen beurteilen, er vertraue auf Allah: „Ich habe keine Angst vor Ihnen“.

Mit einer Gegenanklage fuhr er fort: "Ich stelle fest, dass die Muslime auf die schlimmste aller Arten beurteilt und behandelt werden: ohne Mitleid, es gibt keine Unschuldsvermutung." Auch sich selbst sieht Abdeslam als Opfer, er warnt das Gericht davor, mit einem Urteil nur "die öffentliche Meinung befriedigen zu wollen".

Abdeslam soll zur Terrorzelle gehören, die die schweren Anschläge in Paris im November 2015 und in Brüssel Anfang 2016 verübte. Bis zu 40 Jahre Haft drohen Abdeslam in Brüssel wegen Schüssen auf Polizisten vor seiner Festnahme im März 2016. Ihm und seinem mutmaßlichen Komplizen Sofiane Ayari werden versuchter Mord an Polizisten und verbotenes Waffentragen "in einem terroristischen Kontext" zur Last gelegt. Das Verfahren in Brüssel ist nur der Auftakt: Erst danach kann Abdeslam wegen der Pariser Anschläge mit 130 Toten vor Gericht gestellt werden.

Mit Komplizen auf Polizisten geschossen

Als er bei einer Razzia im Brüsseler Viertel Forest am 15. März 2016 aufgespürt wurde, soll er mit Komplizen auf Polizisten geschossen und mehrere Beamte verletzt haben. Drei Tage nach dieser Schießerei wurden Abdeslam und der jetzt mitangeklagte Tunesier Soufien Ayari im Viertel Molenbeek gefasst. Ihnen wird im jetzt gestarteten Prozess unter anderem versuchter Polizistenmord vorgeworfen.

Hunderte schwerbewaffnete und zum Teil maskierte Mitarbeiter von Polizei und Streitkräften sicherten zum Prozessauftakt den Brüsseler Justizpalast. Bei der Ankunft des Angeklagten kreiste ein Helikopter mit Suchscheinwerfern über dem Gebäude. Gepanzerte Fahrzeuge waren in der Nähe postiert.

Sprengstoffgürtel zündete offenbar nicht

Zum Prozessauftakt wurde Abdeslam zunächst zu seiner Identität befragt. Es wurde mit Spannung erwartet, inwieweit der Mann mit den Justizbehörden kooperieren will.

Abdeslam gilt als der einzige Überlebende der Selbstmordkommandos, die am 13. November 2015 die Pariser Terrorwelle verübten. Er soll selbst einen Sprengstoffgürtel gehabt, aber nicht gezündet haben. Stattdessen soll er nach Belgien geflohen und untergetaucht sein. Monatelang galt er als meistgesuchter Mann Europas.

Abdeslam organisierte nach Erkenntnissen der Ermittler zwei Mietautos und zwei Zimmer für die Kommandos, die an dem ungewöhnlich milden Herbstabend ein Blutbad in der Konzerthalle Bataclan und auf den Terrassen mehrerer Restaurants und Bars anrichteten.

Sein belgischer Anwalt Sven Mary, der Abdeslam in Brüssel vertritt, hat ihm einmal "die Intelligenz eines leeren Aschenbechers" bescheinigt. Er sei ein "kleiner Idiot" aus dem Brüsseler Vorort Molenbeek, der für seine Islamistenszene berüchtigt ist - "eher ein Mitläufer als ein Anführer". Darauf dürfte auch die Verteidigungsstrategie aufbauen.

Den Wandel des jungen Mannes vom Kleinkriminellen zum Islamisten bemerkte lange niemand: Frühere Bekannte beschreiben ihn als eher gewöhnlichen Jugendlichen, der wie sein Bruder Brahim gerne Fußball spielte, Alkohol trank und mit Frauen anbändelte. Doch dann lernte er Abdelhamid Abaaoud kennen, der als Drahtzieher der Anschläge von Paris gilt. Wegen eines Raubes landeten beide 2010 hinter Gittern. Offenbar rekrutierte Abaaoud ihn dort für die Terrorzelle mit Verbindungen zum Islamischen Staat (IS). Reue empfindet Abdeslam offenbar noch heute nicht, wie er schon vor dem Verfahren bekundete: "Ich schäme mich nicht dafür, wer ich bin", antwortete er einer Frau, die ihm ins Gefängnis schrieb.

Die Verhandlung in Brüssel soll bis Freitag dauern. Richter Hennart zufolge möchte Abdeslam während des Prozesses weder fotografiert noch gefilmt werden. Wann das Verfahren in Frankreich beginnt, ist noch offen. (dpa/AFP)

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