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Politik: Schröder: Hauptschuld liegt bei mir

Kanzler übernimmt Verantwortung für Wahldebakel – aber denkt nicht an Rücktritt / Union kündigt mehr Druck an

Von Hans Monath

Berlin. Bundeskanzler Gerhard Schröder hat die Hauptveranwortung für die dramatische Wahlniederlage der SPD in Niedersachsen und Hessen übernommen. Der SPD-Parteichef sprach am Montag in Berlin von „einer der bittersten Niederlagen“ seines politischen Lebens, schloss einen Rücktritt aber aus: „Ich denke nicht daran, und andere denken auch nicht daran.“ Der Kanzler kündigte an, die rot-grüne Koalition werde als Konsequenz der Wahlen das Reformtempo erhöhen. Die Union erklärte, sie wolle nach ihren Wahlsiegen über Bundesrat und Vemittlungsausschuss ihren Druck auf die Bundespolitik verstärken.

Die Hauptverantwortung für das Wahldesaster trage die Bundespolitik, „und damit auch ich“, sagte Schröder. Grund der Wahlniederlage sei, dass die nötigen Reformen in der Öffentlichkeit nicht ausreichend verständlich gemacht worden seien. „In den ersten beiden Monaten haben wir genügend eigene Fehler gemacht in der Vermittlung dessen, was wir beschlossen hatten“, sagte der Kanzler. Schröder stellte sich demonstrativ hinter die Politik von Wirtschafts- und Arbeitsminister Wolfgang Clement (SPD), dessen Reformankündigungen in der SPD und in den Gewerkschaften für das schlechte Abschneiden verantwortlich gemacht worden waren. So unterstützte der Kanzler die Pläne Clements, jüngere Arbeitslose auch mit finanziellem Druck in Arbeit oder Ausbildung zu bringen. Schröder versicherte, die Koalition werde ihre Position in der Irak-Frage beibehalten. Diese Haltung bleibe unverändert, da sie „von grundsätzlicher Natur“ sei. Zu Ankündigungen aus der Union, wonach sie konstruktiv mit der Regierung zusammenarbeiten wolle, sagte Schröder, er wolle die „Kooperationsbereitschaft offensiv annehmen“.

Auch das SPD-Präsidium stellte sich hinter Schröders Ankündigung, das Reformtempo zu erhöhen. „Die Wahlergebnisse sind keine Absage an die eingeleitete Reformpolitik“, heißt es in einer einstimmig verabschiedeten Erklärung. Nach dem Willen der SPD sollen bei der Gesundheitsreform alle Entscheidungen über Struktur und Finanzierung des Systems nun schon bis Sommer fallen.

CDU-Chefin Angela Merkel sagte, das Wählervotum sei ein klarer Auftrag an die Union, sich um die Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik zu kümmern. Sie werde dem durch eine „verantwortungsvolle Politik“ im Bundesrat Rechnung tragen. Der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) forderte von der Bundesregierung als Voraussetzung für eine Zusammenarbeit konkrete Gesetzentwürfe statt „Papierschreiberei“. Koch bekräftigte, dass die Union dem Steuerpaket von Finanzminister Eichel im Bundesrat nicht zustimmen werde. FDP-Chef Guido Westerwelle kündigte an, seine Partei wolle ein „Scharnier der Vernunft“ sein, wenn immer SPD und Union sich blockierten.

Der niedersächsische Wahlverlierer Sigmar Gabriel kündigte an, SPD-Fraktionschef im Landtag werden zu wollen. Schröder schlug ihn als Chef der Landes-SPD vor. Landeschefin Edelgard Bulmahn, Forschungsministerin in Schröders Kabinett, sagte jedoch, sie denke nicht an Rücktritt.

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