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Politik: Schröders Telefon-Diplomatie

Putin will Neuwahlen in der Ukraine nicht ausschließen – Rot-Grün sieht einen Erfolg des Kanzlers

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Berlin/Moskau - Bundeskanzler Gerhard Schröder wird in der Bundestagsdebatte zur Ukraine am heutigen Mittwoch seine Haltung in dem Konflikt und sein Verhältnis zu Russlands Präsident Wladimir Putin vor dem Parlament darlegen. Der Regierungschef dürfte mit dem Bewusstsein in die Debatte gehen, dass er den Abgeordneten einen diplomatischen Erfolg vorweisen kann. Noch am Montag hatte Regierungssprecher Bela Anda auf Fragen nach Schröders Rolle versichert, der Kanzler habe schon mehr geleistet als andere EU-Politiker. Bitten ukrainischer Oppositionspolitiker nach einer stärkeren Unterstützung durch Schröder wies er indirekt, aber deutlich zurück. Einen Tag später konnte Anda von einem neuen Telefonat Schröders mit Putin berichten, in dem der russische Präsident zugesagt habe, das Ergebnis von Neuwahlen in der Ukraine zu akzeptieren. Moskau wollte eine neue Linie Putins dagegen nicht bestätigen. Einer Erklärung des Kremls zufolge sagte Putin, eine Beilegung der Krise in der Ukraine müsse „auf demokratischem Wege, auf der Grundlage des Gesetzes und nicht auf inneren oder äußeren Druck hin“ gefunden werden. Von einem Kurswechsel Russlands war nicht die Rede.

Der Radiosender Echo Moskwy berief sich auf den Pressedienst des Kremls, als er den Inhalt des Telefonats zwischen Putin und Schröder zitierte. Demzufolge sagte der Kremlchef, auf jeden Fall müsste die Entscheidung des ukrainischen Volkes respektiert werden. Auch, wenn es zu neuen Wahlen kommt. Genau da aber liegt der Pferdefuß. Noch haben das Oberste Gericht und das Parlament nicht entschieden, ob es zu einer Wiederholung der Stichwahl oder zu Neuwahlen kommt. Beides hat völlig unterschiedliche Konsequenzen. Wird nur der zweite Wahlgang wiederholt, treten Oppositionsführer Viktor Juschtschenko und Regierungschef Viktor Janukowitsch erneut gegeneinander an. Werden völlig neue Wahlen anberaumt, dürfen beide laut geltender ukrainischer Gesetzgebung nicht kandidieren. Eben deshalb lehnt Juschtschenko Neuwahlen ab, und eben deshalb ist Russlands Regierung eher für dafür. In Moskau wird für gut möglich gehalten, dass Schröders Regierungssprecher diese Feinheiten nicht kennt.

Schon vor den russischen Interpretationen des Telefonats der Regierungschefs aus Berlin und Moskau wurden Putins Äußerungen in den Koalitionsfraktionen als „deutlicher Schwenk in der russischen Politik gegenüber der Ukraine“ bezeichnet. Schröder habe seine häufig kritisierte enge persönliche Beziehung zu Putin genutzt, um Bewegung in die russische Haltung zu bringen. FDP-Fraktionsvize Werner Hoyer kritisierte, es habe zu lange gedauert, bis Schröder intervenierte. „Man hat den Kanzler zum Jagen tragen müssen“, sagte er dem Tagesspiegel. Hoyer äußerte Zweifel, ob Putin ein demokratisch zu Stande gekommenes Ergebnis in der Ukraine akzeptieren werde. „Es steht aus seiner Sicht für Russland zu viel auf dem Spiel“, sagte er.

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