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Schuster kritisiert Abstimmung zu Migration: „Demokratische Kräfte haben AfD Bühne bereitet“
Nach den Migrations-Beschlüssen im Bundestag wird scharfe Kritik an Friedrich Merz laut. Auch der Präsident des Zentralrats der Juden zeigt sich alarmiert.
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Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, kritisiert das Durchsetzen eines CDU/CSU-Antrages zur Migrationspolitik im Bundestag mit Stimmen der AfD. „Ich finde es enttäuschend, dass die demokratischen politischen Kräfte in unserem Land - auch in Zeiten des Wahlkampfs - nicht in der Lage waren, sich auf ein gemeinsames Vorgehen zu einigen und damit der AfD diese Bühne bereitet haben“, sagte Schuster der „Jüdischen Allgemeinen“ am Mittwochabend.
Christoph Heubner, der Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees, sprach angesichts der Bundestagsentscheidungen, von einem „Tag eines fatalen Irrtums“ aus Sicht der Überlebenden des NS-Holocaust: „Schon einmal hat man in Deutschland geglaubt, Rechtsextreme einhegen, zähmen und benutzen zu können. Die Folgen sind bekannt.“
Auch die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, übte scharfe Kritik am Unionskanzlerkandidaten Friedrich Merz (CDU).
„Friedrich Merz verlässt wissentlich in der Frage des Asylrechts den Boden des Grundgesetzes“, sagte Stetter-Karp der „Augsburger Allgemeinen“. Offenbar aus Wahlkampftaktik verletze der CDU-Chef den Grundsatz der Menschenwürde, die für alle gelte.
Schuster kritisierte, es werde zugelassen, dass „Rechtspopulismus und Rechtsextremismus unsere gesellschaftlichen Debatten bestimmen“. Zugleich sagte er: „Klar ist, dass im Interesse unserer Gesellschaft ein Wandel im Umgang mit illegaler Migration in Deutschland notwendig ist.“
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Generalverdacht gegen Migranten
Nach Einschätzung Stetter-Karps überschreiten sowohl die am Mittwoch im Bundestag von der Unionsfraktion zu Abstimmung gestellten Anträge zur inneren Sicherheit und zur Migrationspolitik als auch der Gesetzentwurf, zu dem die Union am Freitag im Bundestag eine Zustimmung haben will, „Grenzen der politischen Kultur, und gleichzeitig werden damit die Probleme nicht gelöst“. Alle Migrantinnen und Migranten würden „zu einer per se kritischen Gruppe erklärt, der mit Misstrauen begegnet wird“.
Der Bundestag hatte am Mittwoch mit knapper Mehrheit einen fünf Punkte umfassenden Antrag der Unionsfraktion beschlossen. FDP und AfD hatten zuvor bereits Unterstützung für den Antrag signalisiert, der eine deutliche Verschärfung der Asylpolitik vorsieht. SPD, Grüne und Linke lehnten ihn ab, unter anderem wegen verfassungsrechtlicher Bedenken. Dass die Union bereit war, eine Mehrheit für den Antrag mit Stimmen der AfD in Kauf zu nehmen, war bei SPD und Grünen auf harsche Kritik gestoßen.
In einem Brandbrief an alle Abgeordneten mit Ausnahme der Parlamentarier der AfD hatten auch die Kirchen protestiert. Die Fraktionen hätten sich mit der Auflösung der Ampel-Koalition darauf verständigt, keine Abstimmungen herbeizuführen, in der die Stimmen der AfD ausschlaggebend seien, heißt es in dem Schreiben, das von den Leitungen der Berliner Büros der Kirchen, Anne Gidion (evangelisch) und Karl Jüsten (katholisch), unterzeichnet wurde. (epd)
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