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Politik: Schwarzarbeit notwendig für Deutschland?

Berlin - Der Direktor des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts, Thomas Straubhaar, hält Ausbau und schärfere Überwachung der EU-Außengrenzen für ungeeignet, illegale Migration zu verhindern: „Alles, was sich an der Grenze abspielt, ist rein symbolisch“, sagte Straubhaar auf der 3. Jahrestagung „Illegalität“ der Katholischen Akademie Berlin, des Rats für Migration und des katholischen Forums „Leben in der Illegalität“.

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Berlin - Der Direktor des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts, Thomas Straubhaar, hält Ausbau und schärfere Überwachung der EU-Außengrenzen für ungeeignet, illegale Migration zu verhindern: „Alles, was sich an der Grenze abspielt, ist rein symbolisch“, sagte Straubhaar auf der 3. Jahrestagung „Illegalität“ der Katholischen Akademie Berlin, des Rats für Migration und des katholischen Forums „Leben in der Illegalität“. Das wirksamste Mittel gegen Schwarzarbeiter, auch inländischer Arbeitskräfte, wäre die öffentliche Bekanntmachung ihrer Arbeitgeber. Dies geschehe aber nicht – einmal aus rechtsstaatlichen Rücksichten, aber auch, weil es ein massives Interesse der Gesellschaft an Schwarzarbeit gebe: „Wir profitieren alle, direkt oder indirekt, von illegaler Beschäftigung.“

Schwarzarbeit, ob von Migranten oder Deutschen, sei im Effekt eine Aufwertung der Reallöhne, denn sie verbillige etwa Restaurantbesuche, Kinderbetreuung oder die Renovierung der eigenen Wohnung, sagte Straubhaar. Blieben so die Lebenshaltungskosten niedrig, fielen auch die Tarifforderungen maßvoll aus – was wiederum die internationale Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands stärke. Straubhaar wandte sich gleichzeitig gegen die Ansicht, dass Zuwanderung dramatische Wirkungen auf den Arbeitsmarkt, die Steuer- und Sozialsysteme der Zielländer habe: „Die ökonomischen Effekte der Zuwanderung werden maßlos überschätzt“, sagte er.

Christina Boswell von der Universität Edinburgh stützte Straubhaars These, dass die Gesellschaft Illegale brauche, mit einem Hinweis auf das politische Management von Migration in den meisten EU-Ländern: Rhetorisch und offiziell sei die Einwanderungspolitik sehr restriktiv. In der Praxis sei sie in wechselnder Stärke relativ liberal. Boswell nannte als Beispiel Italien unter Berlusconi. Die Regierungskoalition habe gegen die Illegalen polemisiert, ihnen praktisch aber Arbeit im Land ermöglicht. Die radikale Rhetorik, so Boswell, sei freilich nicht harmlos: Sie „strukturiere“ die öffentliche Debatte und die Einwanderungspolitik der Länder und habe eine „mächtige Wirkung“ auch auf die positive oder negative Haltung der Einwanderer ihren Zielländern gegenüber.

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