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Russische Soldaten bei einer Übung.

© dpa / Foto: dpa/Russian Defense Ministry Press Service/AP

Update

Teilmobilisierung und schlechte Führung: Schießerei auf russischem Truppenübungsplatz „natürliche Konsequenz“

Laut dem russischen Verteidigungsministerium gab es nahe Belgorod 15 Verletzte. Die zwei Schützen seien getötet worden. Nun liegen Einschätzungen zu den Ursachen vor.

Stand:

Laut Angaben des russischen Verteidigungsministeriums wurden bei einer Schießerei in einer Militärbasis nahe Belgorod am 15. Oktober mindestens elf russische Soldaten getötet und 15 verletzt.

Einem neuen Bericht des US-amerikanischen Institut For The Study Of War (ISW) nach führe die von Putin ausgerufene Teilmobilisierung zu Spannungen zwischen den unterschiedlichen ethnischen Gruppen Russlands. Die Schießerei nahe Belgorod sei ein Beispiel.

Sie sei „wahrscheinlich eine natürliche Konsequenz der Politik des Kremls, armen Minderheiten die Hauptlast der Mobilisierung aufzubürden, während die ethnischen Russen und die reicheren Russen geschützt werden“.

Fremdenfeindliche Rhetorik als Folge

Russische Offizielle beschuldigen zwei russische Staatsbürger der tadschikischen Minderheit, für die Schießerei verantwortlich zu sein. Sie waren zwangsrekrutiert worden. Das ISW macht in der Folge des Vorfalls in Belgorod eine Zunahme fremdenfeindlicher Rhetorik in Russland aus.

So habe Sergey Mironov von der Partei Gerechtes Russland gefordert, Bürger:innen aus Tadschikistan vorerst keine russische Staatsbürgerschaft mehr zu gewähren.

Mangel an kompetentem Führungspersonal

Nach Einschätzung britischer Geheimdienste sind Moskaus Probleme an der Front in der Ukraine zum Teil auf einen Mangel an kompetentem Führungspersonal zurückzuführen. Das stehe in Zusammenhang mit dem Schusswaffenangriff nahe Belgorod.

Die Armee habe immer weniger fähige Nachwuchsoffiziere, die neue Rekruten anleiten und führen könnten, hieß es am Mittwoch im täglichen Kurzbericht des britischen Verteidigungsministeriums.

Schlechte Moral der russischen Armee

Dies verschlechtere wohl die Moral und den Zusammenhalt in den russischen Truppen. Vier von fünf Generälen mit direkter operativer Verantwortung für den im Februar von Russland begonnenen Angriffskrieg seien mittlerweile entlassen worden – ihre Nachfolger hätten die Situation nicht verbessert, sind die Briten überzeugt.

In der russischen Armee habe eine solche Führungsschwäche noch stärkere Auswirkungen als es in einer westlichen der Fall wäre, da die russische Doktrin vorsehe, dass statt einer kollektiven Anstrengung eher persönliche Entscheidungen eines einzelnen Kommandeurs zählten.

Offizier habe sich abwertend gegenüber Rekruten ethnischer Minderheiten geäußert

In Bezug auf den Schusswaffenangriff, der sich vor einigen Tagen auf einem Truppenübungsplatz im Südwesten Russlands ereignete, beziehen sich die britischen Geheimdienste auf Augenzeugenberichte: Diese besagten, dass die Schüsse gefallen seien, nachdem ein Offizier sich abwertend gegenüber Rekruten ethnischer Minderheiten geäußert habe.

Die britische Regierung veröffentlicht seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine Ende Februar unter Berufung auf Geheimdienstinformationen täglich Informationen zum Kriegsverlauf. Damit will die britische Regierung sowohl der russischen Darstellung entgegentreten als auch Verbündete bei der Stange halten. Moskau wirft London eine gezielte Desinformationskampagne vor.

Unabhängige russische Medien schrieben von bis zu 22 Toten bei der Schießerei. 15 Personen seien verletzt worden, meldete die Nachrichtenagentur RIA unter Berufung auf das Ministerium.

Zwei Männer hätten während eines Schießtrainings mit „Freiwilligen für die militärische Spezialoperation“ in der Ukraine mit automatischen Waffen das Feuer auf die Einheit eröffnet, hieß es in der Mitteilung weiter. 

Das Ministerium sprach von einem Terroranschlag. Zwei Bürger eines GUS-Staates seien dafür verantwortlich. Sie seien erschossen worden. Die Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) ist ein loser Staatenverbund ehemaliger Sowjetstaaten.

Der unabhängigen russischen Nachrichtenseite Sota Vision zufolge ereignete sich der Angriff in der Kleinstadt Soloti, nahe der ukrainischen Grenze und rund 100 Kilometer von Belgorod entfernt.

Oleksij Arestowitsch, ein Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj sagte in einem YouTube-Video, die Männer seien aus Tadschikistan und seien mit den anderen wegen religiöser Dinge in einen Streit geraten. Tadschikistan ist ein überwiegend muslimisches Land.

Auch andere gewaltsame Auseinandersetzungen wurden von russischen Militärbasen gemeldet. Involviert waren Rekruten und längergediente Soldaten. Auch an der Front sollen sich Rekruten gegen längergediente Soldaten und Kommandeure gerichtet haben und umgekehrt. (Tsp, Reuters/dpa)

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