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Politik: Streit um Aufnahme weiterer Flüchtlinge

BONN/BERLIN (revi).Mit seinem Vorschlag, weitere 10 000 Kosovo-Flüchtlinge in Deutschland aufzunehmen, hat Bundesinnenminister Otto Schily am Montag eine kontroverse Diskussion in den Bundesländern ausgelöst.

BONN/BERLIN (revi).Mit seinem Vorschlag, weitere 10 000 Kosovo-Flüchtlinge in Deutschland aufzunehmen, hat Bundesinnenminister Otto Schily am Montag eine kontroverse Diskussion in den Bundesländern ausgelöst.Von ihrer Zustimmung hängt es ab, ob Schily seine Pläne verwirklichen kann.

Der Vorsitzende der Innenminsterkonferenz, der sächsische Minister Klaus Hardraht (CDU), sprach sich für eine weitere Aufnahme von Flüchtlingen aus.Die Bundesrepublik könne grundsätzlich bis zu 10 000 weitere Flüchtlinge aufnehmen."Das entspricht dem humanitären Gebot." Voraussetzung sei aber, daß die Bundesrepublik auf andere Länder einwirke, ihre Kontingentzusagen zu erfüllen.

Der baden-württembergische Innenminister Thomas Schäuble (CDU) lehnte den Vorschlag Schilys indes ab.Der Sprecher des Brandenburger Innenministeriums, Manfred Fuger, sagte dem Tagesspiegel: "Wir sind überrascht." Noch am Freitag sei man sich in der Schaltkonferenz der Innenminister einig gewesen, daß sich eine Kontingenterhöhung im Augenblick für Deutschland nicht stelle.Es sollte vielmehr Druck auf die anderen europäischen Länder gemacht werden, ihre Zusagen, Flüchtlinge aufzunehmen, endlich zu erfüllen.Generell sei Brandenburg schon bereit, Vertriebene "in extremen Notfällen" aufzunehmen, sei es im Falle von Familienzusammenführungen oder bei schwerer Krankheit.Auch das Thüringer Innenminsterium erklärte, das Land sei bereit, in Einzelfällen Flüchtlinge aufzunehmen, die über das "normale" Los hinausgehend betroffen seien.In der Pressestelle des Berliner Innensenators äußerte man sich gegenüber dem Tagesspiegel zurückhaltend und verwies auf die Telefonschaltkonferenz der Innenminister am Dienstag.

Der schleswig-holsteinische Innenminister Ekkehard Wienholtz (SPD) sprach sich unterdessen für die Aufnahme von weiteren 10 000 Flüchtlingen aus.Die Länder müßten in dieser Frage an einem Strick ziehen.Finanzielle Aspekte sollten vor der Verantwortung Deutschlands als reicher Industrienation in den Hintergrund treten.

Die Bündnisgrünen begrüßten die Ankündigung Schilys."Dies sei ein wichtiger und überfälliger Schritt", erklärte die Fraktionsvorsitzende Kerstin Müller.Die CSU hingegen übte scharfe Kritik.Es wäre falsch, die Untätigkeit der anderen Länder durch ein höheres deutsches Kontingent zu unterstützen, sagte Bayerns Innenminister Günther Beckstein.Der innen- und rechtspolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Wolfgang Zeitlmann, stimmte ihm zu: Es sei "unverantwortlich", Deutschland "wiederum mehr zuzumuten als angemessen".Griechenland, Portugal, Schweden und andere hätten angekündigt, 1000 Flüchtlinge aufzunehmen.Sie hätten sich aber bisher nicht daran gehalten.Großbritannien habe bislang nur 330 Flüchtlinge und Frankreich 2350 Flüchtlinge aufgenommen.Zeitlmann schlug vor, Deutschland, das gegenwärtig die EU-Ratspräsidentschaft innehat, solle zu einer Schnellkonferenz einladen, und die anderen europäischen Länder mit aller Macht drängen, ihre Kontingente zu erhöhen.Bundesinnenminister Schily, der sich gegenwärtig zu Gesprächen in Moskau aufhält, bekräftigte inzwischen, sich dafür einsetzen, daß die Partnerländer ihre Zusagen einhalten.

Der Beauftragte der Bundesregierung für humanitäre Aufgaben in Mazedonien, Walter Kolbow (SPD), bezeichnete die Lage der Flüchtlinge in den Nachbarstaaten des Kosovo als dramatisch.Auch Albaniens Aufnahmekapazität sei erschöpft.Daher sei der Schily-Vorstoß wichtig.

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