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Dank des Mutes, der Tatkraft und des Fleißes der Ostdeutschen sei seit 1990 viel erreicht worden, sagte Ralph Brinkhaus.

© dpa/Michael Kappeler

Tag der Deutschen Einheit: Brinkhaus: Ostdeutsche wurden "nicht fair behandelt"

Bei der Wiedervereinigung wurden auch Fehler begangen, sagt der neue Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus. Er fordert mehr Unterstützung für den Osten.

Der neue Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) hat sich für eine kritische Auseinandersetzung mit der Geschichte der Wiedervereinigung ausgesprochen. „Dies kann helfen, emotionale Wunden zu heilen“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur in Berlin zum Tag der Einheit. Viele Ostdeutsche seien nach 1990 nicht fair behandelt worden - dies sei lange nicht genügend beachtet worden. „Gerade weil bei der Wiedervereinigung auch Fehler begangen wurden, muss es heute eine gesamtstaatliche Verpflichtung sein, die Entwicklung im Osten besonders zu unterstützen“, verlangte Brinkhaus.

Dank des Mutes, der Tatkraft und des Fleißes der Ostdeutschen und einer nationalen Kraftanstrengung sei seit 1990 viel erreicht worden, sagte Brinkhaus. Die Wirtschaftsleistung der ostdeutschen Länder habe sich seit der Wiedervereinigung verdoppelt, die Einkommen seien gestiegen und die Arbeitslosigkeit liege auf niedrigem Niveau. Die Deutsche Einheit bleibe „ein Glücksfall unserer Geschichte“, sagte Brinkhaus und ergänzte: „Es ist immer noch ein Wunder.“

Dennoch sei zu wenig gesehen worden, dass die Menschen in Ostdeutschland von Grund auf neu hätten beginnen müssen, sagte Brinkhaus. Zu wenig sei gewürdigt worden, dass die Wiedervereinigung für viele Bürger im Osten trotz der Freude über die Einheit eine Stunde null gewesen sei. „Die Biografie vieler Menschen war von einem Tag auf den anderen scheinbar nichts mehr wert. Es fehlte an Respekt vor Lebensleistungen“, sagte Brinkhaus. Zugleich forderte er, die Geschichte des SED-Staats müsse weiterhin aufgearbeitet werden.

Mehr gesellschaftliches Engagement notwendig

Auch die Berliner Bischöfe haben zu mehr gesellschaftlichen Engagement für eine soziale Einheit in Deutschland aufgerufen. „Nur wenn wir alle mitnehmen, sichern wir den sozialen Frieden in unserem Land“, sagte der evangelische Bischof Markus Dröge am Mittwoch im ökumenischen Gottesdienst zum Tag der Deutschen Einheit. Im Berliner Dom erklärte er vor Spitzenvertretern aus Politik, Kultur und Gesellschaft: „Wenn wir die Einheit unseres Landes, wenn wir die Freiheit und Demokratie nicht gefährden wollen, dann müssen alle im Blick sein.“

Der katholische Berliner Erzbischof Heiner Koch mahnte in der Predigt mehr Lernbereitschaft an: „Die gegenwärtigen inhaltlichen und kommunikativen Verhärtungen in unserer Gesellschaft zeigen genauso wie die simplifizierenden Pauschalisierungen und wuterfüllten Empörungen des Populismus unserer Tage, dass wir oft vergessen haben, uns als Lernende zu verstehen in vielen Bereichen“. Lernen sei „lebensnotwendig“ für eine Gesellschaft. Dazu gehöre auch die Auseinandersetzung und der Austausch mit Menschen, deren Lebensart und Lebenskultur einem zunächst fremd und „im guten Sinne fragwürdig erscheint“.

Marktwirtschaft, Rechtsstaatlichkeit, Demokratie

Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) beklagt eine Schieflage bei der Beurteilung der deutschen Einheit in den ostdeutschen Bundesländern. „Nie ging es uns in den neuen Ländern so gut, nie war unsere Lebenserwartung so hoch und nie stand uns die Welt so offen wie heute“, sagte Kretschmer der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“. Die Diskussion habe aber „eine Schlagseite ins Negative bekommen“, kritisierte der CDU-Politiker. „Das müssen wir wieder geraderücken. Wir müssen die Freude zurückgewinnen.“

Der 3. Oktober sei „immer wieder die Gelegenheit, dankbar zu sein für soziale Marktwirtschaft, Rechtsstaatlichkeit, Demokratie“, betonte Kretschmer. Die deutsche Einheit sei die größte patriotische Leistung des Landes: „Im Westen haben Menschen auf Wohlstandszuwachs verzichtet, in Ostdeutschland hat sich der überwiegende Teil der Bevölkerung ein neues Leben aufgebaut.“ Das müsse an einem solchen Tag gewürdigt werden.

Die heutigen Herausforderungen hätten sich die DDR-Bürger vor 1990 nur wünschen können, erklärte der sächsische Regierungschef. „Miesepetern sage ich: Es ist das beste Deutschland, das wir je hatten.“ Persönlich sei er immer noch „glücklich und ergriffen“ von der Wiedervereinigung: „Sie ist das größte Wunder in meinem Leben - neben der Geburt meiner Söhne.“

Deutschland blickt in diesem Jahr auf 28 Jahre Wiedervereinigung zurück. Der Tag der Deutschen Einheit wird mit einem dreitägigen Bürgerfest gefeiert. Für Mittwoch waren ein ökumenischer Gottesdienst und ein Festakt mit den Spitzenvertretern der Verfassungsorgane in Berlin geplant. (KNA, dpa)

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