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Marcus Pretzell, der AfD-Landesvorsitzende von NRW

© Bernd Thissen

Marcus Pretzell: Talent oder Problemfall für die AfD?

Der Chef der NRW-AfD steht wegen angeblicher Wahlbeeinflussungen in der Kritik. Die Gegner von Parteichefin Frauke Petry sehen ihre Chance gekommen.

Er ist das vermutlich größte rhetorische Talent, das die AfD vorzuweisen hat. Und er hat gleichzeitig eine unheimliche Begabung, die eigenen Erfolge immer wieder zunichte zu machen. An Marcus Pretzell, 43, schieden sich von Anfang an die Geister in der Partei. Die einen sahen in ihm einen blitzgescheiten Volkstribun, die anderen einen politischen Draufgänger, für den Seriosität ein Fremdwort ist. Einst war ein Parteikonto gepfändet worden, weil Pretzell Steuerschulden hatte.

Der Jurist steht nun im Zentrum des neuesten Machtkampfs in der AfD. Konkret geht es um die Aufstellung der Liste zur Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen. Dabei soll ein Teil des Pretzell-Lagers, darunter auch zwei Mitglieder der Wahlkommission, miteinander als WhatsApp-Gruppe kommuniziert haben. So wurde offenbar versucht, die Wahlgänge zu steuern und eigene Kandidaten durchzudrücken. Die beiden Kommissionsmitglieder waren als Angestellte des Landesverbands arbeitsrechtlich abhängig von Pretzell. Der selbst war nicht Teil der WhatsApp-Gruppe und sagt, er habe keine Kenntnis gehabt. Doch viele in der AfD glauben ihm nicht.

Um die politische Richtung geht es nur am Rande

Vor allem die beiden ostdeutschen Landeschefs Alexander Gauland und Björn Höcke sehen nun die Chance gekommen, um mit Pretzell abzurechnen. Nicht nur, weil ihnen sein aufbrausender Stil nicht passt. Mit Pretzell meinen sie, auch Parteichefin Frauke Petry treffen zu können. Die beiden sind seit eineinhalb Jahren ein Paar. Zum geflügelten Wort wurde, dass Pretzell der Parteivorsitzenden einst „etwas dämonenhaft Schönes“ attestierte.

Um politische Richtungsdebatten geht es jetzt nur am Rande. Pretzell, der früher in der FDP war, und Petry stehen zwar für einen etwas geschmeidigeren Rechtspopulismus als zum Beispiel Höcke, dessen Wortwahl meist an düstere Kapitel der deutschen Geschichte erinnert. Wenn es um Macht geht, sind dem Paar Pretzell/Petry aber auch viele Mittel recht, wie Pretzell Mitte 2015 zeigte, als er von der AfD als „Pegida-Partei“ redete.

Gauland und Höcke kritisieren nun unisono „Tricksereien“ bei der NRW-Listenwahl. Sie hoffen wohl, dass die Listenaufstellung dort wiederholt werden muss – mit offenem Ende für Pretzell persönlich. Der hatte als Spitzenkandidat nur 54 Prozent bekommen. Könnte sein, dass seine politische Karriere dann erstmal zu Ende ist. Ein Wahldebakel in NRW kann andererseits auch nicht im Interesse von Höcke und Gauland sein.

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