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Ausgebremst – das Fahrzeug des mutmaßlichen Attentäters Luca Traini, aus dem er auf sechs afrikanische Migranten feuerte.

© Reuters

Terror in Italien: Gewalt schamlos ausgenutzt

In Italien schießt ein Rechtsextremer auf Migranten. Schuld ist nicht der fremdenfeindliche Terrorverdächtige, sondern die Politik der Regierung. Zumindest in der verqueren Logik der "Lega Nord". Ein Kommentar

Der Terrorist begibt sich in Märtyrerpose. In eine Fahne gehüllt schreit er seine Überzeugung heraus. Dann nimmt ihn die Polizei fest. Man ahnt es schon: Die Rede ist vom rechtsradikalen Terroranschlag am vergangenen Samstag in der italienischen Kleinstadt Macerata. Der Tatverdächtige Luca Traini feuerte aus einem Auto auf sechs Afrikaner, und verletzte sie, in Lebensgefahr brachte er sie zum Glück nicht. Als Motiv gab Traini an, den Mord an einer 18-Jährigen zu rächen. Für den Tod der jungen Frau soll ein nigerianischer Drogendealer verantwortlich sein.

Trainis Radikalisierung ging schnell. Noch im vergangenen Jahr kandidierte der Attentäter für den Gemeinderat eines Dorfes, unweit von Macerata. Bei der Wahl trat Traini für die „Lega Nord“ an, eine rechtspopulistische und fremdenfeindliche Partei, die sich erhofft, nach den Parlamentswahlen im März in Italien mitzuregieren. Man würde vermuten, die mutmaßliche Tat ihres ehemaligen Parteimitglieds bringe die „Lega Nord“ in Erklärungsnöte. Für Kriminalität und Gewalt, so lautet ihre Einstellung, seien doch gerade nicht die eigenen Leute verantwortlich.

Mehr Rechtfertigung als Verurteilung

Der Chef der „Lega Nord“ Matteo Salvini denkt trotzdem nicht daran, leisere Töne anzuschlagen. Zwar verurteilte er die Tat öffentlich, sagte aber auch: „Es ist eine Tatsache, dass die außer Kontrolle geratene Immigration Wut und gesellschaftliche Zusammenstöße mit sich bringt.“ Salvinis Aussagen erwecken den Eindruck, dass man sich nicht wundern müsse, wenn die in die Enge getriebene Urbevölkerung Gewalt anwende. Wenn schon die Politik nichts tue. Ein Beweis, wie schamlos extreme Rechte selbst einen sechsfachen Mordversuch zu ihrem Vorteil auslegen wollen. Dass islamistische Terroranschläge den Rechtspopulisten Wählerstimmen bescheren, ist nichts Neues. Im Umkehrschluss scheinen ihnen rechtsextreme Gewalttaten aber auch nicht zu schaden. Die Schuld liege schließlich bei den Regierenden, die diese Zustände erst möglich gemacht hätten.

An einer verzerrten Darstellung der Wirklichkeit, in der Gewalt zur nachvollziehbaren Reaktion auf Zuwanderung wird, arbeiten auch Politiker hierzulande mit. In der Polit-Talkshow „Anne Will“ sendete Alice Weidel (AfD) Grüße nach Cottbus, wo man sich derzeit gegen „messerstechende Migranten“ wehren müsste. Die Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion pauschalisiert und überspitzt, um ein Bild der Realität zu zeichnen, in dem Deutsche gewalttätigen Migranten hilflos ausgeliefert sind. Davon sollten Weidel und ihre Partei dringend Abstand nehmen. Schon im Interesse der inneren Sicherheit.

Paul Schwenn

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