Politik: Terroristenjagd in Holland
Einwandererviertel von Den Haag abgeriegelt / Neue Anschläge auf islamische Einrichtungen
Berlin - Nach der Ermordung des Regisseurs Theo van Gogh und anschließenden Ausschreitungen gegen Muslime und islamische Einrichtungen hat sich eine Antiterroraktion der Polizei in Den Haag zu einer 14-stündigen Belagerung ausgewachsen. Teile des niederländischen Regierungssitzes befanden sich zeitweise im Ausnahmezustand.
In der Nacht zum Mittwoch hatten Beamte versucht, in einem Haus mehrere Verdächtige festzunehmen. Dabei wurden drei Polizisten durch eine Handgranate verletzt, zwei davon schwer. Darauf wurde das Einwandererviertel südlich des Haager Bahnhofs Hollands Spoor weiträumig abgeriegelt, zwölf Straßen wurden abgesperrt, über 100 Anwohner in einer Schule in Sicherheit gebracht. Nach der Festnahme von zwei Männern am Mittwochabend meldete die niederländische Nachrichtenagentur ANP das Ende der Aktion. Zuvor waren am Einsatzort noch mehrere Schüsse zu hören gewesen.
Bereitschaftspolizei, Antiterroreinheiten der Königlichen Gendarmerie und das Sondereinsatzkommando der Marineinfanterie waren an dem Einsatz beteiligt. Der Luftraum über Den Haag wurde gesperrt, um Hubschrauber mit Journalisten daran zu hindern, die Aktion zu filmen. Ob es einen Zusammenhang mit den Ermittlungen im Fall van Gogh gibt, sagte die Staatsantwaltschaft nicht. Der leitende Haager Staatsanwalt sagte, die Razzia sei im Rahmen „fortlaufender Terrorismusermittlungen“ erfolgt. In deren Zusammenhang wurde in Utrecht ein weiterer Verdächtiger festgenommen.
Die Polizei hatte in der Nacht zum Mittwoch versucht, das Haus in Den Haag zu stürmen. Dabei zündeten die Bewohner offenbar eine Sprengfalle. Laut „NRC Handelsblad“ gab es dann eine Schießerei mit der Polizei. Die Zeitung zitierte Nachbarn, die Geschrei zwischen Polizei und Verdächtigen gehört hatten. „Du bist hier nicht in Spanien oder Israel, hier reden wir miteinander“, soll ein Polizist geschrien haben. Sowie: „Scheißmarokkaner, du bist auch so ein Fahrraddieb. Du taugst nichts.“ Die Antwort sei gewesen: „Schieß mich doch tot“.
In Südholland hatten Unbekannte am Dienstagabend erneut einen Anschlag verübt, eine islamische Schule brannte nieder. Auf den Mauern stand „Theo ruhe in Frieden“ sowie antiislamische Parolen. In Belgien wurde eine Moschee angegriffen. Das Gebetshaus wurde nach Angaben von Ermittlern von einer „explosiven Substanz“ getroffen und beschädigt. Der niederländische Premier Jan Peter Balkenende zeigte sich schockiert von der Gewalt und appellierte an seine Landsleute, ein friedliches Zusammenleben zu wahren. „Wir müssen die Spirale der Gewalt und der Unsicherheit durchbrechen“, sagte er in Den Haag. „Hände weg von Schulen, von Kirchen und von Moscheen und auch von Menschen, die ihre Meinung äußern.“