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Politik: Tourist oder Terrorist?

In Jakarta steht ein Deutsch-Ägypter vor Gericht, den das Bundeskriminalamt für einen Al-Qaida-Unterstützer hält

Von Moritz Kleine-Brockhoff,

Jakarta

Ohne Terrorismus-Anklage hat in Jakarta der Prozess gegen Reda S. begonnen. Der 42-Jährige, der in Ägypten geboren ist und nach einer Heirat deutscher Staatsbürger wurde, muss sich nur wegen Visavergehen verantworten. Er soll mit einem Touristenvisum als Journalist gearbeitet haben. Indonesien hatte Reda S. zunächst verdächtigt, Al-Qaida-Verbindungen zu haben, ließ den Vorwurf aber später fallen. Die indonesischen Ermittler konnten den Terrorverdacht nach eigenen Angaben nicht erhärten. Deutsche Ermittler prüfen dagegen weiterhin, ob Reda S. ein Terrorist ist. „Ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung läuft weiter", sagte die Sprecherin des Generalbundesanwaltes dem Tagesspiegel.

Wie groß das deutsche Interesse an Reda S. ist, wurde am ersten Verhandlungstag in Jakarta deutlich. Das Gericht präsentierte einen Brief der deutschen Botschaft in Jakarta. Darin wird darum gebeten, dass der Reisepass des Angeklagten, den die indonesische Staatsanwaltschaft hat, später nicht an Reda S., sondern an die Botschaft übergeben wird. Bei Passentzug müsste Reda S. nach seinem Indonesienaufenthalt nach Deutschland reisen. Ermittler des Bundeskriminalamtes haben ihn in den vergangenen Monaten mehrfach in Jakarta verhört, ihnen soll Material vorliegen, das Reda S. schwer belastet. Der Sprecher des indonesischen Geheimdienstes glaubt, dass Reda S. ein Al-Qaida-Terrorist sei, der versucht habe, sich eine Scheinexistenz als Journalist aufzubauen. Im Haus von S. war eine Videokassette gefunden worden, die angeblich ein Al-Qaida-Trainingslager auf der Insel Sulawesi zeigt. In seiner Brieftasche fanden Ermittler die Visitenkarte eines verurteilten Terroristen.

Beim Prozessauftakt in Jakarta gab der Deutsch-Ägypter zu, gegen indonesische Einreisebestimmungen verstoßen zu haben. Der Angeklagte hat laut Staatsanwaltschaft ein Korrespondentenbüro betrieben, obwohl er nur ein Touristenvisum besaß. Dazu habe er einen Übersetzer beschäftigt und sei in die Konfliktgebiete Aceh, Poso und Ambon gefahren. In Poso und Ambon bekämpften sich Christen und Moslems, in Aceh kämpften Separatisten für einen unabhängigen islamischen Staat. S. bestätigte, dass er im Süden Jakartas ein Haus gemietet und für zwei Jahre im Voraus bezahlt habe. Das sei mit einem Touristenvisum illegal, meinte das Gericht. Reda S. sagte aus, dass ein Einwanderungsbeamter ihm gesagt habe, dass er mit einem Touristenvisum eine spätere journalistische Tätigkeit vorbereiten könne. Genau das habe er getan. „Ich wusste nicht, dass ich gegen Gesetze verstoße“, sagte er.

Der Prozess in Jakarta verläuft chaotisch. Drei Gerichtstermine mussten abgesagt werden, weil der Staatsanwalt nicht erschien. Am ersten Verhandlungstag kam nur einer von fünf geladenen Zeugen. Das Gericht machte deutlich, dass es S. für schuldig hält. S. könnte mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden, aber Beobachter rechnen mit einer milden Strafe und einer raschen Ausweisung. Das Urteil könnte kommenden Donnerstag gefällt werden.

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