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Politik: Training für die Demokratie

Wie die Europäer im Irak helfen und so ihr Verhältnis zu Washington verbessern wollen

Wenn nach Jahren erbitterter transatlantischer Streitereien sich endlich alle wieder in die Arme sinken, dann wollen Europas Außenminister ihr Scherflein zur Versöhnung beitragen. Bis in den Abend bastelten sie am Montag am Gastgeschenk für den US-Präsidenten, das ihm heute beim europäisch-amerikanischen Gipfeltreffen auf den Tisch gelegt werden soll: ein umfangreiches Ausbildungsprogramm für den Irak, Training für die Demokratie, Nachhilfe in Rechtsstaatlichkeit. Rund 700 Richter, Staatsanwälte, dazu Polizisten und Gefängnispersonal sollen innerhalb und außerhalb des Irak von europäischen Fachleuten ausgebildet werden.

Um zu zeigen, dass Europa den Wünschen Washingtons nachkommt, will die EU im Irak zudem Flagge zeigen. Das ist ganz wörtlich zu nehmen: Europa wird nämlich ungeachtet der nach wir vor großen Gefahren in Bagdad ein kleines Verbindungsbüro eröffnen, das die Organisation des EU-Ausbildungsprogramms vor Ort übernehmen wird. Aus dem EU-Haushalt stellt Brüssel dafür rund 2,34 Millionen Euro bereit. Die Briten, die ohnehin im Irak die am stärksten engagierten Europäer sind, werden das Personal stellen – allerdings gerade einmal fünf Mitarbeiter.

Ob sich Deutschland an dem neuen gemeinsamen EU-Programm mit Personal beteiligen wird, ist noch offen. Sicher dürfte jedoch sein, dass keine deutschen Ausbilder in den Irak geschickt werden. Man habe, so erklären deutsche Diplomaten in Brüssel, gute Erfahrungen bei der Ausbildung außerhalb gemacht: in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Dort hat die Bundeswehr nämlich irakische Soldaten an deutschen LKWs geschult. Juristen und Fachleute aus dem Bundeskriminalamt haben in den vergangenen Monaten im heißen Wüstensand und auch im kühlen Deutschland irakische Kriminalbeamte ausgebildet. Das werde man jetzt fortsetzen, verspricht Berlin. In einem eigenen Ausbildungsprogramm werde man in diesem Jahr zusätzlich 421 irakische Polizisten und 30 Personenschützer schulen. Allerdings gibt es Spekulationen, dass Deutschland sich am Aufbau des irakischen Innenministeriums beteiligen könnte.

Im Irak ist die Sicherheitslage immer noch angespannt. Zwar kam am Montag eine indonesische Geisel frei. Doch bei zwei aufeinander abgestimmten Anschlägen griffen Rebellen in Bagdad US-Soldaten und danach einen zu Hilfe gerufenen Sanitätstrupp an.

Nachdem der Berliner Regierung und den anderen europäischen Irakkriegsgegnern fast zwei Jahre lang nur herbe Kritik aus Washington entgegenschlug, scheint Präsident George W. Bush nun immerhin die zivilen Leistungen der Europäer beim Wiederaufbau des Irak zur Kenntnis zu nehmen. In seiner Grundsatzrede zu den transatlantischen Beziehungen lobte er am Montag in Brüssel ausdrücklich auch die einst geschmähten Kriegsgegner aus dem „alten Europa“. Die durch den Streit über den Irakkrieg aufgerissenen Gräben will Bush jetzt bei seiner Europareise wieder zuschütten: Der alte Zwist soll begraben werden, „eine neue Ära der transatlantischen Einheit“ breche nun an, sagte er unter dem Beifall seiner durch so viel Versöhnungswillen beeindruckten europäischen Zuhörer.

Wie um sich auf seinen Besuch in Mainz beim Bundeskanzler einzustimmen und das kühle deutsch-amerikanische Klima etwas anzuwärmen, hob der US-Präsident das deutsche Programm zur Ausbildung von Polizisten lobend hervor. Die Botschaft war klar: Kein Blick zurück im Zorn. Jetzt blicken alle hoffnungsvoll nach vorn.

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