
© dpa/Monika Skolimowska
Trotz steigender Sozialausgaben: Deutsche erwarten Einschnitte, lehnen aber schmerzhafte Reformen ab
Die Sozialausgaben steigen rasant an. Viele Bürger rechnen damit, dass es zu Rentenkürzungen oder längeren Arbeitszeiten kommt. Die Bereitschaft, dies mitzutragen, ist einer Umfrage zufolge gering.
Stand:
Wie schätzen die Menschen in Deutschland die aktuelle Lage ein – und was folgern sie für sich daraus? Dieser Frage ging eine aktuelle Umfrage nach. Das Ergebnis: Die Bürgerinnen und Bürger beurteilen die Situation der Wirtschaft und Sozialsysteme recht nüchtern. Sie sind aber kaum bereit, schmerzhafte Konsequenzen mitzutragen.
Der am Donnerstag veröffentlichten Allensbach-Erhebung für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ zufolge finden es nur 23 Prozent der Befragten akzeptabel, das Renteneintrittsalter zu erhöhen. Nur sieben Prozent halten eine geringere Rente für hinnehmbar.
Demnach rechnen 84 Prozent damit, dass in Zukunft das Renteneintrittsalter erhöht wird; 78 Prozent glauben, dass künftige Rentner eine geringere Rente erhalten werden als heutige.
Die Bevölkerung erkennt durchaus, was notwendig wäre, um das Sozialsystem zu stabilisieren, doch sie weigert sich, die Konsequenzen aus dieser Erkenntnis zu akzeptieren.
Thomas Petersen, Institut für Demoskopie Allensbach
Jeweils deutliche Mehrheiten zwischen 58 und 50 Prozent erwarten, dass die Qualität der Gesundheitsversorgung sinken wird, dass der Staat manche Leistungen, etwa bei der Kultur, wird einschränken müssen, dass die soziale Absicherung eingeschränkt wird und dass Arbeitnehmer mehr Stunden pro Woche werden arbeiten müssen.
Hohe Ablehnungsraten
Zugleich zeigte sich, dass keine dieser Entwicklungen von einer relevanten Minderheit akzeptiert würde. Am ehesten konnten sich die Befragten noch mit der Aussicht abfinden, dass der Staat seine Leistungen in manchen Bereichen, wie etwa der Kultur, einschränkt. Dies bezeichneten immerhin noch 33 Prozent als hinnehmbar. Alle anderen genannten Punkte wurden von mehr als drei Vierteln abgelehnt.
„Die Bevölkerung erkennt durchaus, was notwendig wäre, um das Sozialsystem zu stabilisieren, doch sie weigert sich, die Konsequenzen aus dieser Erkenntnis zu akzeptieren“, analysiert Thomas Petersen vom Institut für Demoskopie Allensbach in dem Bericht.
Empfohlener redaktioneller Inhalt
An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.
Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.
Abgefragt wurde hierbei auch die Haltung zu der Äußerung von Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU), die wiederholt gesagt hatte, die Deutschen müssten länger arbeiten. Nur 18 Prozent antworteten, sie sähen es auch so, fast zwei Drittel (63 Prozent) widersprachen ausdrücklich. Auch die Anhänger der CDU/CSU stimmten demnach mit einer klaren Mehrheit von 55 zu 24 Prozent der Aussage nicht zu.
Die Befragung zeigt zudem, dass der Pessimismus im Land insgesamt in den vergangenen drei Jahrzehnten deutlich zugenommen hat. Konfrontiert mit der Aussage des damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog aus seiner „Ruck-Rede“ 1997 – „Die besten Jahre liegen noch vor uns“ –, sagten damals 40 Prozent, diese Aussage stimme nicht. Im Jahr 2025 sind es 58 Prozent.
Die Umfrage wurde zwischen dem 1. und dem 14. August durchgeführt. Befragt wurden 1.051 Personen. Dabei wurde die Hälfte von ihnen an Hand eines Katalogs von möglichen Entwicklungen danach befragt, mit welchen Einschnitten sie rechnen. Die andere Hälfte wurde befragt, ob sie bestimmte Einschnitte akzeptieren würden. (lem)
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: